Architektur-Ausstellung Hamburg träumt vom Elbdorado
"Raum in der Zeit - Hamburg im Fluss" ist der Titel des 6. Hamburger Architektur-Sommers. Da denkt natürlich jeder an die Hafencity mit ihrer Elbphilharmonie von Herzog de Meuron und dem vom sogenannten Stararchitekten Rem Koolhaas geplanten Science Center. Die Hafencity, das ist zumindest in vielen Medien das Architektur-Highlight der Stadt, im Architektur-Sommer hingegen spielt der neue, baulich bisher eher banale Stadtteil für rund 12.000 Bewohner und 40.000 Beschäftigte nicht die Hauptrolle.
Die ganze Stadt ist Thema der Ausstellungen, Vorträge, Filmveranstaltungen und Spaziergänge. Ambitionierte Neubauvorhaben, die Internationale Bauausstellung 2013 und die große Gartenschau im selben Jahr werden vorgestellt, aber auch weniger spektakuläre Bauvorhaben wie Nachverdichtung und Modernisierung in Stadtteilen wie Harburg oder Wilhelmsburg.
Auch die Stadtbaugeschichte kommt nicht zu kurz mit einer Ausstellung über die hundertjährige Historie der Mönckebergstraße und einer Schau zum hundertjährigen Amtsantritt des legendären Oberbaudirektors Fritz Schumacher. Der sah es als wichtigste Aufgabe des Staates an, soziale Missstände städtebaulich zu lösen, und plante zum Beispiel die Rotklinker-Siedlungen Jarrestadt, Veddel und Dulsberg.
Eine der ersten Architektur-Sommer-Ausstellungen "Der Hamburger Weg - 90 Jahre sozialer Wohnungsbau und Quartiersentwicklung" in der Freien Akademie der Künste (bis 28.6.) dokumentiert das Entstehen solcher Siedlungen, ihre frühere Bedeutung, die Veränderungen durch Krieg und neue Bedürfnisse und die Versuche, sich den Erfordernissen mit Modernisierungen anzupassen.
Die Ausstellung ist von der Wohnungsbaugesellschaft SAGA GWG ausgerichtet, die in Hamburg 130.000 Wohnungen und 1600 Gewerbeobjekte vermietet. Ihre Vorgeschichte als "Neue Heimat" wird in der Ausstellung erzählt, vom Bau der Wohnsiedlungen in den zwanziger Jahren über die Einheitsbauten der deutschen Arbeitsfront während der NS-Zeit bis zu den Nachkriegsnotwohnungen und den Siebziger-Jahre-Stadtteilen wie Steilshoop. Auch die Pleite der Gewerkschafts-Wohnungsbaugesellschaft 1988 wird nicht verschwiegen und nicht der 1982 vom SPIEGEL enthüllte Skandal, "dass mehrere Vorstandsmitglieder berufliche und private wirtschaftliche Interessen vermischt" hatten.
Die sogenannte Nachhaltigkeit ist natürlich auch ein Thema. Da hat doch wirklich "der jüngste Intensivkurs" einer gewissen Academy for Architectural Culture "praxisorientiert zukunftweisende städtebauliche und hochbauliche Konzepte einer Energie-Plus-Stadt für die Nachnutzung des Flughafens Berlin-Tegel" ausgetüftelt - und das, während in Tempelhof mit Enterhaken und Seitenschneider versucht wird, wenigstens die ehemaligen Flughafenzäune niederzureißen. Zudem wird der deutsche Beitrag zur jüngsten Architektur-Biennale in Venedig "Updating Germany. Projekte für eine bessere Zukunft" gezeigt, erweitert um Hamburg-Projekte.
Und dann gibt es eine Art "Entdecke Deine Stadt"-Programm. Wie es heute in der City Nord aussieht, kann man bei einer Führung erkunden, auf der anschließenden Podiumsdiskussion sollten Politiker Antworten auf die Frage finden, was aus der "Bürostadt in der grünen Metropole" mit hohem Leerstand werden soll.
Es gibt auch lustigere Spaziergänge und -fahrten, zum Beispiel eine Kanu-Tour durch die Fleete, einen Tagesausflug mit Picknick vom Rathaus bis zum Harburger Schloss und die Kreuzfahrt "Elbdorado", veranstaltet von der "Union der guten Dinge".
Fußballfans, große wie kleine, können an drei Tagen in der Woche die Logen-Entwürfe für das St.-Pauli-Stadion begutachten - und vor Ort von Siegen träumen. Daneben widmen sich etliche Veranstaltungen speziell dem Nachwuchs: Kinder können basteln und bauen - und noch mehr träumen: etwa davon, auf einem Schiff zu wohnen.
Hamburger Architektur Sommer 2009. "Raum in der Zeit - Hamburg im Fluss". Juni-September.