Tageszeitungsfusion Springer legt "Welt" und "Abendblatt" zusammen

Aus der Traum von der Avantgarde: Wie der Axel Springer Verlag mitteilt, wird die Redaktion des "Hamburger Abendblatts" mit denen der "Welt"-Gruppe zusammengelegt - vor wenigen Jahren sah der damalige Chef Claus Strunz in dem Blatt noch eine "Metropolen- und Weltstadtzeitung".
"Abendblatt"-Chef Lars Haider: "Sozialverträgliche Umsetzung"

"Abendblatt"-Chef Lars Haider: "Sozialverträgliche Umsetzung"

Foto: Marcus Brandt/ picture alliance / dpa

Hamburg/Berlin - Das "Hamburger Abendblatt" soll noch 2012 eine Redaktionsgemeinschaft mit den Tageszeitungen der "Welt"-Gruppe und der "Berliner Morgenpost" bilden. Das teilte der Verlag Axel Springer am Freitag in Berlin mit.

Die Zusammenlegung von Redaktionen, im Fall des "Abendblatts" spätestens seit 2008 diskutiert, gilt im Springer-Verlag seit einem guten Jahrzehnt als probates Mittel zur Kostendämpfung - wenn auch das publizistische Profil der einzelnen Titel dadurch nicht immer geschärft werden konnte. Der zuständige Vorstand Jan Bayer erklärt trotzdem: "Mit der Zusammenführung und gemeinsamen Nutzung der publizistischen Kernkompetenzen von 'Welt' und 'Berliner Morgenpost' haben wir sehr gute Erfahrungen gemacht."

Die Maßnahmen sollen der Pressemitteilung zufolge "sozialverträglich" umgesetzt werden. Zahlen wollte die Sprecherin Bianca-Maria Brandt nicht nennen. "Wir machen uns wetterfest", sagte sie zur Begründung der Organisationsänderung.

Das "Hamburger Abendblatt" war in den vergangenen Jahren mehrfach Kurswechseln unterworfen. Der frühere "Bild am Sonntag"-Chef Claus Strunz wollte aus dem lange Zeit verschlafenen, vor allem in den Vororten gelesenen und unionsnah wirkenden Titel eine "Metropolen- und Weltstadtzeitung" machen. Er rief das Projekt "Abendblatt 3.0" aus und behauptete in Anspielung auf das Renommee der "Süddeutschen Zeitung": "Natürlich ist das 'Abendblatt' eine 'Norddeutsche'. Wir sind von journalistischer Qualität und Relevanz her im Norden, was die 'FAZ' im Rhein-Main-Gebiet und die 'Süddeutsche' im Süden ist."

Strunz definierte das Blatt neu als Online-Angebot mit angeschlossener Zeitung, ernannte die Ressortleiter zu "Channel Managern", nahm für sich fortan in Anspruch, "die erste vollintegrierte Multimedia-Redaktion in Deutschland, wenn nicht in Europa" zu leiten und postulierte: "Das 'Hamburger Abendblatt' bildet die Spitze einer Bewegung. Wir sind Avantgarde."

Seit Strunz' Abgang Sommer 2011 setzt der derzeitige Redaktionsleiter Lars Haider wieder auf Lokales. Den Sinkflug der Auflage konnte auch er nicht stoppen.

Der "Abendblatt"-Konkurrent "Hamburger Morgenpost" kooperiert bereits seit der Übernahme durch das Kölner Verlagshaus M. DuMont Schauberg (MDS) mit dessen anderen Boulevardtiteln "Berliner Kurier" und "Kölner Express". Für das "Abendblatt" hatte Jan Bayer, der nun die Fusion verkündete, eine Zusammenlegung mit der "Welt" im Jahr 2008 noch ausgeschlossen: "Glauben Sie ernsthaft, dass jemand auf die Idee kommt, das 'Hamburger Abendblatt' in Berlin zu machen?"

Künftig allerdings sollen die überregionalen Themen aller drei Zeitungen unter Federführung der "Welt" in Berlin entstehen. Die "Berliner Morgenpost" zeichnet für Themen aus der Bundeshauptstadt verantwortlich. Beim "Hamburger Abendblatt" werden lediglich noch die Hamburg-Themen für alle drei Zeitungen erarbeitet. Den Vorsitz des Chefredakteursgremiums für alle Blätter übernimmt "Welt"-Gruppenchef Jan-Eric Peters.

sha/dapd/dpa
Die Wiedergabe wurde unterbrochen.
Merkliste
Speichern Sie Ihre Lieblingsartikel in der persönlichen Merkliste, um sie später zu lesen und einfach wiederzufinden.
Jetzt anmelden
Sie haben noch kein SPIEGEL-Konto? Jetzt registrieren
Mehrfachnutzung erkannt
Bitte beachten Sie: Die zeitgleiche Nutzung von SPIEGEL+-Inhalten ist auf ein Gerät beschränkt. Wir behalten uns vor, die Mehrfachnutzung zukünftig technisch zu unterbinden.
Sie möchten SPIEGEL+ auf mehreren Geräten zeitgleich nutzen? Zu unseren Angeboten