"Bild"-Anzeige in der "taz"
Diekmann und Genossen, Teil 271
"Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann hat der "taz" einen Ausweg für den Fall vorgeschlagen, dass das Springer-Blatt einmal wieder eine Anzeige in der linken "tageszeitung" schalten wollen sollte: Die "taz" soll ablehnen und ihre Leser um das ausgefallene Honorar anbetteln.
Berlin - Es ist die jüngste Episode einer seit Jahren ausgelebten gegenseitigen Hassliebe:
, Chefredakteur der
, ist einmal wieder als Teilhaber der
(der er tatsächlich ist) aufgetreten - und neckt die Genossen mit einem in aller Ernsthaftigkeit vorgetragenen Vorschlag, der tatsächlich den Köpfen der sich ständig auf der Suche nach Geldquellen befindlichen "taz"-ler entsprungen sein könnte: Immer, wenn die "Bild" in Zukunft eine Anzeige in der "taz" schalten will, soll die Zeitung ablehnen und stattdessen ihre Abonnenten auffordern, den entgangenen Anzeigenerlös auszugleichen.
Vorangegangen war der bei "taz"-Lesern und Redaktion umstrittene Abdruck einer Werbeanzeige für "Bild", deren Motiv ein Brief der Wir-sind-Helden-Sängerin
an die Werbeagentur Jung von Matt (JvM) ist, in welchem diese sich mit deutlichen Worten davon
distanziert, sich an einer Werbekampagne für "Bild" zu beteiligen.
Mit den Worten "Ich glaub, es hackt" begann Holofernes ihr Wutschreiben gegen das Springer-Blatt. Das Statement wurde via Twitter zigfach weitergeleitet und gehörte zu den
Top-Themen des Internetdienstes. Es gab Lob für die Aktion in den sozialen Netzwerken, aber auch Kritik.
Just an dem Tag, an welchem im redaktionellen Teil der "taz" ein ganzseitiges Interview mit Holofernes zu ihrer Ablehnung der "Bild" stand, schaltete der Springer-Verlag seinerseits eine ganzseitige Farbanzeige in derselben Ausgabe, in welcher der Ablehnungsbrief Holofernes' zum Werbetext umfunktioniert wird.
Ist die "taz" Holofernes in den Rücken gefallen?
Sowohl in der Leserschaft als auch in der "taz" gibt es seither sehr gegensätzliche Meinungen zu dieser Anzeige: Hat sich die "taz" von Springer kaufen lassen, ist sie Holofernes damit in den Rücken gefallen? Oder war es schlicht die Annahme einer Anzeige, die der Zeitung dringend benötigtes Geld einbringt, und schon deshalb nicht verwerflich, weil sie nicht gegen die hausinternen Ausschlusskriterien für den Abdruck von Anzeigen verstieß: Holofernes' Brief ist weder sexistisch, kriegsverherrlichend noch rassistisch. Zudem habe Holofernes den Text längst selbst veröffentlicht.
Im "taz"-eigenen
Hausblog macht Diekmann nun den Vorschlag, das moralische Dilemma damit zu lösen, die "taz"-Abonnenten für abgelehnte "Bild"-Anzeigen zahlen zu lassen - immerhin 12.255 Euro kostet so eine ganzseitige Farbanzeige in der "taz".
Die besondere Beziehung von Diekmann zur linken "tageszeitung" manifestiert sich unter anderem in einem
Wandrelief des Künstlers Peter Lenk, das seit anderthalb Jahren eine Außenwand des "taz"-Verlagsgebäudes ziert. Seither lässt es sich der "Bild"-Chef nicht nehmen, immer wieder gegen das linke Blatt zu sticheln.
"Wollen Sie diesen Vorschlag nicht aufnehmen?", fragt Diekmann nun treuherzig. Doch der stellvertretende "taz"-Chefredakteur Reiner Metzger winkt ab: "Das machen wir nicht. Wir drucken Anzeigen und nehmen das Geld dafür." Allerdings könne sich das in Zukunft auch ändern: "Ich weiß ja nicht, was sich unsere Geschäftsführung morgen einfallen lässt."