Buchenwald-Rede Schäfer entschuldigt sich bei KZ-Opfern
Hamburg - "Das tut mir Leid, und ich entschuldige mich dafür", sagte Schäfer am Abend im 3sat-Magazin "Kulturzeit". Prominente Politiker hatten Schäfer vorgeworfen, in seiner Ansprache die Holocaust-Opfer des KZ Buchenwald bei Weimar unberücksichtigt gelassen und dafür die Opfer von Krieg und Vertreibung in den Mittelpunkt gerückt zu haben.
Es liege ihm fern, Opfer des Nationalsozialismus zu relativieren, sagte Schäfer. "Ich hätte sie stärker in die Rede einbinden können, und ich hätte es wahrscheinlich auch tun müssen", sagte Schäfer. Er habe es nicht getan, da ihm gesagt worden sei, in der Rede zur Eröffnung des Weimarer Kunstfestes solle es um Erinnerungspolitik im allgemeinen gehen.
Der Direktor der Gedenkstätte Buchenwald, Volkhard Knigge, hatte die Bundesregierung aufgefordert, klar Stellung zu beziehen. "Es braucht ein klärendes Wort, was die Rede von Hermann Schäfer bedeuten sollte", sagte er dem MDR. Er habe noch nie so "fassungslose Reaktionen" von Überlebenden bekommen, sagte Knigge der nachrichtenagentur dpa.
Der Franzose Herz, der als 14-Jähriger ins KZ gebracht worden war, sah in der "nationalistischen Rede" eine offensichtliche Missachtung des Leides der Opfer der nazistischen Barbarei. Es habe noch nie einen so schweren Missbrauch einer Gednkveranstaltung für KZ-Opfer gegeben.
Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse schloss sich Knigges Forderung nach einer Klarstellung von hoher Stelle an. Die Erinnerung an den Nationalsozialismus gehöre zur "Raison d'etre der Bundesrepublik Deutschland", sagte der SPD-Politiker dem Deutschlandradio Kultur. "Wer die Kostbarkeit von Freiheit und Demokratie bewahren will, der muss an die Gefährdung der Freiheit und die Opfer der Unfreiheit erinnern", betonte er. Schäfers Rede sei eine erstaunliche Fehlleistung.
Wenn der Vertreter des Kulturstaatsministers bei einer Gedenkveranstaltung des Konzentrationslagers Buchenwald ausschließlich über deutsche Opfer spreche, "dann ist das neben mangelnder Sensibilität für den Anlass und Adressaten natürlich auch eine Akzentverschiebung in den Gewichten unserer Erinnerungskultur", sagte Thierse.
Trotz der heftigen Kritik sieht die Bunderegierung keine Notwendigkeit für Konsequenzen. Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) sagte, er bedaure die durch die Rede seines Abteilungsleiters ausgelösten politischen Missverständnisse. Doch fügte er hinzu: "Daraus eine inhaltliche Veränderung der Gedenkstättenpolitik des Bundes im Hinblick auf die Bewertung und Aufarbeitung der NS-Diktatur abzuleiten, ist völlig abwegig". Hier stehe die Bundesregierung in der Kontinuität aller Vorgängerregierungen. Die NS-Diktatur und der durch sie verursachte Holocaust seien in ihrer menschenverachtenden grausamen Dimension einzigartig und durch nichts zu relativieren.
bri/Reuters/ddp/dpa