"Charging Bull" gegen "Fearless Girl"
Kampf der Wall-Street-Skulpturen
Um zwei Skulpturen nahe der New Yorker Wall Street ist ein Streit entbrannt: Seit März 2017 bietet dort ein Mädchen dem berühmten angreifenden Stier die Stirn. Dessen Schöpfer will das nicht hinnehmen.
Drei Tonnen schwer, fünf Meter lang, meist von fotografierenden Touristen umringt: Die Bronzeskulptur "Charging Bull" nahe der New Yorker Wall Street ist weltbekannt. Seit wenigen Wochen bekommt sie Konkurrenz. Gegenüber steht eine weitere Skulptur mit dem Namen "Fearless Girl". Dieses Abbild eines mutigen Mädchens möchte der Schöpfer von "Charging Bull" beseitigen lassen.
Laut dem Anwalt des italienischen Bildhauers Arturo Di Modica , sehe der Künstler durch die neue Skulptur die "künstlerische Dynamik" des Aufstellungsortes verändert und sein Urheberrecht verletzt.
Klingt nach einem beleidigten Künstler, der missliebige Konkurrenz aus dem Weg räumen wolle. In Wahrheit liegen die Dinge komplizierter.
Was schon damit beginnt, dass beide Skulpturen ursprünglich illegal waren. Di Modica stellte seinen Bullen 1989 über Nacht ohne Genehmigung nahe der New Yorker Börse auf. Er sollte die Widerstandsfähigkeit der Amerikaner nach dem Börsencrash von 1987 symbolisieren. Schnell entwickelte sich die Skulptur zum Touristen-Hotspot.
"Fearless Girl" bietet den tobenden Bullen seit März 2017 die Stirn. Die Skulptur soll auf den Mangel an weiblichen Führungskräften in US-Unternehmen hinweisen
Foto: JEWEL SAMAD/ AFP
Auch das Bronze-Mädchen steht ohne öffentliche Erlaubnis an seinem Platz gleich gegenüber. "Fearless Girl" von der US-Künstlerin Kristen Visbal wurde am Weltfrauentag am 8. März enthüllt und soll auf den Mangel an weiblichen Führungskräften in US-Unternehmen hinweisen. Erst nach einer Petition mit Zehntausenden Unterschriften entschied der New Yorker Bürgermeister Bill de Blasio, die Skulptur dürfe bleiben - zunächst bis Februar 2018.
Inzwischen hat sich de Blasio sogar zum Fürsprecher für "Fearless Girl" gemacht. "Weil es immer noch Männer gibt, die es nicht mögen, wenn Frauen sich ihren Platz nehmen, brauchen wir 'Fearless Girl'", twitterte er in Richtung Arturo Di Modica.
"Charging Bull"-Schöpfer Arturo Di Modica wehrt sich dagegen: "Meine Statue wird zu einer Repräsentation der männlichen Dominanz über die Frauen gemacht."
Foto: EMMANUEL DUNAND/ AFP
Der allerdings wehrt sich gegen diese Interpretation. Der italienischen Tageszeitung "La Repubblica" sagte er: "Mein Stier ist ein Zeichen des Optimismus und der Stärke. Ich bin nicht damit einverstanden zu sehen, wie er in ein negatives Symbol umgewandelt wird." Seine Statue sei zu einer Repräsentation der männlichen Dominanz über die Frauen gemacht worden.
Überhaupt zieht die Skulptur "Fearless Girl" auch von engagierter weiblicher Seite Kritik auf sich. Sie sei ein Fall von leerer Symbolik und fasse zusammen, was im Feminismus heute falsch laufe. An den existierenden Problemen aber ändere sie nichts. Zumal, und das erzürnt Kritikerinnen am meisten, das Bronze-Mädchen nicht von der Künstlerin selbst aufgestellt wurde. Sondern im Auftrag einer Investmentfirma.
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"Charging Bull" gegen "Fearless Girl"
Foto: Mark Lennihan/ AP
"Fearless Girl" bietet den tobenden Bullen seit März 2017 die Stirn. Die Skulptur soll auf den Mangel an weiblichen Führungskräften in US-Unternehmen hinweisen
Foto: JEWEL SAMAD/ AFP
"Charging Bull"-Schöpfer Arturo Di Modica wehrt sich dagegen: "Meine Statue wird zu einer Repräsentation der männlichen Dominanz über die Frauen gemacht."