Charles und Ray Eames Die Freuden des Wohlstands
Als das Pariser Museé des Arts Décoratifs den Größen der Branche einst die Frage "Was ist Design?" stellte, antworteten Charles (1907-1978) und Ray (1912-1988) Eames: Für sie sei es "Kommunikation" - und zwar mit jedermann. In enger Zusammenarbeit mit der Industrie brachten sie in den vierziger Jahren die Moderne in die amerikanischen Wohnzimmer. Flexible Möbelstücke, leicht und wandelbar, in aufregenden Kurven geformt und aus erschwinglichen Materialien hergestellt. "Vom Besten so vielen wie möglich so viel wie möglich für so wenig wie möglich" zu bieten, lautete ihr Motto. Ihre Werkstoffe waren folglich Sperrholz, Draht und glasfaserverstärkter Kunststoff.
Der Klassiker des Eames-Designs ist natürlich der Jazz Chair, ein "Jahrhundert-Entwurf", wie die Architekturkritikerin Esther McCoy ihn nannte. Es ist ein Hartschalen-Stuhl aus buntem Kunststoff, dessen bequeme Form ein teures Sitzkissen erspart, der stapelbar ist und billig zu transportieren und sich in der Küche genauso gut macht, wie auf der Terrasse, im Gemeindezentrum oder der Uni-Bibliothek.
"Es gibt keinen Eames-Stil, nur eine Reihe von Aufgaben, die ebenso schön wie intelligent gelöst sind", fasste Freund Bill Lacy die Arbeit der beiden zusammen, während Charles und Ray Eames Designlösungen für nahezu jeden Lebensbereich fanden. Sie entwarfen Fertigbauhäuser für Kriegsheimkehrer, Klappsofas und gelenkige Schreibtische, Schaukelstühle mit Plastiksitz, Kinderspielzeug, Stoffe mit futuristischen Strichmustern und Wartebänke für Flughäfen.
Das "Eames Office" war bis in die siebziger Jahre hinein das Herzstück des amerikanischen Designs. Die dazu passende Stil-Kathedrale bildete das Wohnhaus der Eames an der Küste von Los Angeles: Ein Baukasten mit einem Stahlskelett, verkleidet mit Glaswänden und buntgefärbten Holzplatten, ausgestattet mit verschiebbaren Innenwänden und Kippfenstern. Ein Haus, das immer in Bewegung ist.
1949 begannen die Bauarbeiten, zu einer Zeit, als die Eames längst den Olymp der Designwelt erreicht hatten - und anfingen, Kurzfilme zu drehen und Dia-Shows zu konzipieren. Sie filmten Seifenschaum und Blechkreisel, drehten Werbefilme für Polaroid und beobachteten Sumo-Ringer. Unterhaltsam und leicht verständlich erläuterten sie die Gesetze der Mathematik und Astronomie. Ihr Lehrfilm "Powers of Ten", eine Reise in die Galaxie, wird noch heute in Highschools und Wissenschaftsmuseen gezeigt. Auf der Brüsseler Weltausstellung brachten sie den Besuchern im Auftrag von IBM das Wunderwerk Computer näher, in "Polyorchis" erkundeten sie die Mannigfaltigkeit lebenden Planktons.
Ihren spektakulärsten Auftrag jedoch bekamen sie 1959 von der US-Regierung. Für die "American National Exhibition" in Moskau entwarfen sie das Herzstück der Ausstellung, ihren Film "Glimpses of America". Auf sieben Leinwände gleichzeitig projiziert, sangen sie in Bildern von Supermärkten und Highways, Bungalows, Straßenkreuzern und hell erleuchteten Wolkenkratzern das Hohelied auf dem Kapitalismus, auf die Freuden des Wohlstand und die Segnungen des Konsums. Ihre Installation war eine Sensation, bei der Premiere brach das Publikum in tosenden Applaus aus.
Zur Zweihundertjahrfeier der Unabhängigkeitserklärung 1976 wollte die US-Regierung diesen Erfolg wiederholen und beauftrage die Eames mit der Multimedia-Ausstellung "The World of Franklin and Jefferson". Doch schon lange wurde die enge Zusammenarbeit zwischen den Designern und der Regierung kritisch beäugt, nach dem Vietnamkrieg und dem Watergate-Skandal war man gegenüber der Informationspolitik der Regierung skeptisch. Die Presse verriss die Geschichts-Show, die Besucher blieben aus und die Wanderausstellung wurde frühzeitig beendet.
In Anlehnung an dieses letzte große Projekt nannte das Vitra-Design-Museum ihre Retrospektive "Die Welt von Charles und Ray Eames". Im letzten Jahr tourte die eindrucksvolle Ausstellung durch die USA, jetzt sind die Möbel und Architekturmodelle, Fotografien, Filme und Dia-Shows im Wiener Museum für Angewandte Kunst zu sehen.
"The World of Charles und Ray Eames", MAK Wien, 27. Juni - 30. September 2001