"Cicero"-Affäre Zwei Journalisten unter Anklage

In der Affäre um die Durchsuchung der Redaktionsräume des Politik-Magazins "Cicero" durch das BKA hat die Staatsanwaltschaft Potsdam heute Anklage gegen zwei Journalisten erhoben. Vorgeworfen wird ihnen Beihilfe zum Geheimnisverrat. "Cicero"-Chef Wolfram Weimer kritisierte die Entscheidung.

Potsdam - "Cicero"-Chefredakteur Wolfram Weimer hatte sich vor wenigen Wochen für die Zahlung eines Bußgeldes in Höhe von 1000 Euro entschieden, das Ermittlungsverfahren gegen ihn wurde daraufhin eingestellt. Zwei andere Journalisten müssen sich nun mit einer Anklage wegen "Beihilfe zur Verletzung von Dienstgeheimnissen und einer besonderen Geheimhaltungspflicht" auseinandersetzen, die heute nach Abschluss des Ermittlungsverfahrens von der Staatsanwaltschaft Potsdam erhoben wurde. 

Bei den beiden Angeklagten handelt es sich um den Journalisten Bruno Schirra und den Auslandschef der schweizerischen Zeitung "Sonntagsblick", Johannes von Dohnanyi.

Im September waren die Redaktion des Politmagazins und das Wohnhaus von Schirra auf Antrag der Potsdamer Staatsanwaltschaft von Beamten des Bundeskriminalamts (BKA) durchsucht worden. Hintergrund war ein Artikel Schirras in der April-Ausgabe von "Cicero", in dem der Reporter aus einem internen Papier des Bundeskriminalamtes (BKA) über den Terroristen Abu Mussab al-Sarkawi zitierte. Von Dohnanyi soll den BKA-Bericht an Schirra weitergeleitet haben. Die Durchsuchung diente in erster Linie dem Zweck, das Leck in den eigenen Reihen des BKA ausfindig zu machen. Das ist bis heute nicht geschehen.

Die Durchsuchungsaktion hatte einen Proteststurm und eine Diskussion über Pressefreiheit entfacht. "Cicero"-Chef Weimer hat angekündigt, Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht einzulegen. Weimer kritisierte die Anklageerhebung aufs Schärfste. "Es ist ungeheuerlich und empörend, dass Journalisten dafür angeklagt werden, dass sie ihre Arbeit machen", sagte er der dpa. Zu seiner Entscheidung, einer Einstellung der Ermittlungen gegen Zahlung von 1000 Euro zuzustimmen, meinte Weimer: "Ich wollte das abkürzen und mich darauf konzentrieren, von Karlsruhe klären zu lassen, was für ein Skandal da passiert ist." Nach Darstellung von Weimer hat er mit der Einstellung kein Schuldbekenntnis abgelegt.

Die FDP-Bundestagsfraktion brachte heute einen Gesetzentwurf zur Änderungen der Strafprozessordnung und des Strafgesetzbuches in den Bundestag ein. Die Durchsuchungen hätten deutlich gezeigt, dass der Schutz der journalistischen Recherche nicht lückenlos gewährleistet sei.

"Das Grundrecht der Pressefreiheit ist für das Funktionieren eines demokratischen Staates und einer demokratischen Gesellschaft unverzichtbar", sagte die rechtspolitische Sprecherin der Fraktion, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger der dpa. Mit einer Änderung im Strafgesetzbuch müsse sichergestellt werden, dass sich Journalisten künftig nicht mehr strafbar machten, wenn sie das ihnen vertraulich zugeleitete Material veröffentlichten. Die Strafbestimmung habe zu zahlreichen Ermittlungen gegen Journalisten geführt, obwohl der Gesetzesverstoß von "undichten" Stellen in Behörden verursacht worden sei. Eine Beschlagnahmung soll nach dem FDP-Vorschlag nur noch bei einem dringenden Tatverdacht gegen den Journalisten und nur auf richterliche Anordnung möglich sein.

bor/ddp/dpa

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