"Cicero"-Razzia Schily unter Dauerbeschuss

Die Durchsuchung der "Cicero"-Redaktion zieht weitere Kreise: Nach FDP und Linkspartei wollen auch die Grünen einen Untersuchungsausschuss in der Affäre. Auch der betroffene Journalist Bruno Schirra meldete sich zu Wort.

Otto Schily kommt nicht zur Ruhe, der Druck auf den Innenminister wird immer größer. Neben FDP und Linkspartei fordern auch die Grünen einen Untersuchungsausschuss. Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) würde eine Untersuchung begrüßen.

Erstmals nahm auch der für "Cicero" tätige Journalist Bruno Schirra öffentlich Stellung zu den Vorfällen. Durch die Aktion sollten Informanten eingeschüchtert werden. "Da hat man gleich Tabula rasa veranstaltet", sagte Schirra dem "Tagesspiegel". Das Bundeskriminalamt und auch Otto Schily hätten gewusst, dass er gut vernetzt sei und über vertrauenswürdige Quellen verfüge.

Auch der DJV sieht in dem Vorgehen Schilys einen klaren Bruch der Pressefreiheit. Laut Sprecher Hendrik Zörner sei ein Untersuchungsausschuss ein geeignetes Medium, um "Licht ins Dunkel" zu bringen. Vor allem müsse dabei geklärt werden, ob es einen Zusammenhang zwischen der Durchsuchung und der Medienschelte von Bundskanzler Gerhard Schröder vom 18. September gebe. Eine solche Verbindung hatte Schily selbst auf einem Kongress des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger hergestellt.

Mit den Grünen hätten die FDP und die Linkspartei zusammen genügend Mandate im neuen Bundestag, um einen Ausschuss einzuberufen. "Wir stehen der Einrichtung eines Untersuchungsausschusses offen gegenüber", sagte Grünen-Innenexpertin Silke Stokar zu "Bild". Die Politikerin geht sogar noch weiter: "Schily hat die Verfassung gebrochen."

Der Innenminister wurde bereits von FDP und der Linkspartei für sein Vorgehen im Fall "Cicero" heftig kritisiert. Er habe die Verfassung gedehnt und das Presserecht verletzt. Grünen-Vorsitzende Claudia Roth sprach von einem "Angriff auf das, was unser Land, unsere Demokratie stark macht". Am kommenden Donnerstag soll sich Schily in einer Sondersitzung des Innenausschusses zu den Vorgängen äußern.

Die Linkspartei wird dann allerdings noch nicht dabei sein, denn die drei kleinen Parteien verfügen erst im neu konstituierten Bundestag über die nötigen 25 Prozent der Mandate zur Einrichtung eines Untersuchungsausschusses. Auch einige Unionspolitiker warfen Schily Willkür vor und forderten gar seinen Rücktritt. Zu einem Untersuchungsausschuss äußerte sich die Partei bisher nicht.

Kritik erntete Schily auch aus den eigenen Reihen. Die Innenexperten Dieter Wiefelspütz und Cornelie Sonntag-Wolgast warfen Schily Unverhältnismäßigkeit der Mittel vor. Dass Schily die Razzia mit Attacken gegen die Wahlberichterstattung der Medien verbunden hatte, nannte Sonntag-Wolgast "befremdlich".

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