Nach SPIEGEL-Betrugsfall Claas Relotius geht gegen Juan Morenos Buch vor

Der SPIEGEL-Mitarbeiter Juan Moreno hat ein Buch über den Fall Claas Relotius geschrieben. Relotius wirft ihm nun vor, darin Tatsachen verdreht oder unzulässig arrangiert zu haben.
SPIEGEL-Mitarbeiter Juan Moreno: Vorwürfe von Relotius

SPIEGEL-Mitarbeiter Juan Moreno: Vorwürfe von Relotius

Foto: Daniel ROLAND/ AFP

Mit Hilfe seines Anwalts, des bekannten Medienrechtlers Christian Schertz, geht der ehemalige SPIEGEL-Reporter Claas Relotius gegen das Buch "Tausend Zeilen Lüge. Das System Relotius und der deutsche Journalismus" des Reporters Juan Moreno vor. Das berichtet die "Zeit" in ihrer aktuellen Ausgabe. Auf SPIEGEL-Nachfrage bestätigte Schertz das.

In dem Sachbuch arbeitet der SPIEGEL-Mitarbeiter auf, wie der ehemalige SPIEGEL-Redakteur Claas Relotius über Jahre seine Texte fälschte. Der SPIEGEL hatte den Skandal Ende 2018 selbst öffentlich gemacht und ihn aufgearbeitet. Seit 2011 waren rund 60 Texte im Heft und bei SPIEGEL ONLINE erschienen, die Relotius geschrieben hat oder an denen er beteiligt war. Darin hatte er zum Teil Protagonisten und Szenen erfunden. Moreno war ihm bei der Recherche zu einer gemeinsamen Geschichte auf die Schliche gekommen.

Ihm wird nun vorgeworfen, in seinem Buch Tatsachen verdreht oder unzulässig arrangiert zu haben. Der Anwalt Schertz listet insgesamt 22 Textstellen mit "erheblichen Unwahrheiten und Falschdarstellungen" auf und fordert von Moreno und dessen Verlag Rowohlt Berlin, diese nicht weiter zu behaupten oder zu verbreiten. Auf Nachfrage des SPIEGEL äußerte Schertz, er gründe das Vorgehen nicht bloß auf Aussagen von Relotius. Er habe auch mit anderen Zeugen darüber gesprochen.

Die "Zeit" sei den Anschuldigungen nachgegangen, wonach Moreno in einigen Passagen des Buches Fehler unterlaufen seien, schreibt die Wochenzeitung . So erzähle Moreno in der Schlusspointe seines Buches eine Szene, die nahelege, dass Relotius auch nach seiner Entlarvung weiterhin gelogen habe. Für diese Szene gebe es aber keine hinreichenden Belege. Moreno, so die "Zeit", widerspreche in einer Stellungnahme dem Verdacht, unsauber gearbeitet zu haben.

Warum er sich entschlossen habe, gegen Morenos Buch vorzugehen, erklärt Relotius gegenüber der "Zeit" so: "Ich bin mir meiner eigenen großen Schuld heute sehr bewusst und will durch die Auseinandersetzung mit diesem Buch nicht davon ablenken. Ich stelle mich allem, wofür ich verantwortlich bin, aber ich muss keine unwahren Interpretationen und Falschbehauptungen von Juan Moreno hinnehmen. Ohne mich persönlich zu kennen oder mit Menschen aus meinem näheren Umfeld gesprochen zu haben, konstruiert Moreno eine Figur."

Der Verlag Rowohlt Berlin, in dem Juan Morenos Buch erschienen ist, nahm inzwischen in einer Pressemitteilung zu den Vorwürfen Stellung. In der Forderung auf Unterlassung des Anwalts Schertz würden die Darstellung und die Ereignisse des Fälschungsskandals nicht in Frage gestellt. Zu den behaupteten "erheblichen Unwahrheiten und Falschdarstellungen" zähle etwa der Umstand, ob die Bürotür von Claas Relotius stets geschlossen war oder nicht. "Unserer Meinung nach handelt es sich um den Versuch, mit Randfragen und Nebenschauplätzen den Reporter Moreno zu diskreditieren", so Rowohlt Berlin. Der Verlag habe den Vorgang seiner Anwältin übergeben.

In eigener Sache

Der Redakteur Claas Relotius hat die Leser und die Redaktion des SPIEGEL mit gefälschten Artikeln getäuscht und das Haus in eine Krise gestürzt. Alle Artikel zu diesem Fall im Überblick.

evh
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