

Bern/Hamburg - Das Kunstmuseum Bern ist Erbe der Kunstsammlung von Cornelius Gurlitt. Wie das Museum bestätigte, hat der am Dienstag in München verstorbene Kunstsammler den Verbleib der Bilder in einem Testament verfügt, das er Anfang des Jahres vor einer Herzoperation von einem Notar aufnehmen und beglaubigen ließ.
Die Nachricht sei "wie ein Blitz aus heiterem Himmel" eingeschlagen, da zuvor keinerlei Kontakt mit Gurlitt bestanden habe, heißt es in der Erklärung des Berner Museums. Der Stiftungsrat und die Direktion seien "dankbar und freudig überrascht", hätten doch "zu keiner Zeit irgendwelche Beziehungen zwischen Herrn Gurlitt und dem Kunstmuseum Bern" bestanden. Man wolle "aber auch nicht verhehlen, dass das großartige Vermächtnis eine erhebliche Verantwortung und eine Fülle schwierigster Fragen aufbürdet, Fragen insbesondere rechtlicher und ethischer Natur".
Bis zur Klärung aller Besitzverhältnisse bleibt allerdings noch unklar, welche Kunstwerke tatsächlich in die Schweiz gehen werden, ob es also die vollständige Sammlung von Gurlitt sein wird.
Gurlitts Bilder würden auf jeden Fall gut in das 1879 eröffnete Kunstmuseum Bern passen, das bereits über eine exquisite Sammlung von Werken der klassischen Moderne verfügt. Der Berner Fabrikant Hermann Rupf, der mit dem Pariser Galeristen Daniel-Henry Kahnweiler befreundet war, kaufte frühzeitig Werke von Picasso und anderen Kubisten und legte eine hervorragende Kollektion von Paul Klee an. Rupf übereignete wertvolle Werke an das Museum. Auch der einflussreiche Kunsthändler Justin Thannhauser stiftete dem Berner Museum erlesene Bilder.
Die Staatsanwaltschaft Augsburg beschlagnahmte am 28. Februar 2012 in Gurlitts Münchner Wohnung 1280 Bilder. In seinem Salzburger Haus fanden seine Anwälte weitere 238 Kunstgegenstände, darunter 39 Ölgemälde von weltbekannten Künstlern wie Renoir, Monet und Liebermann. Schließlich lieferte der Mann von Gurlitts verstorbener Schwester Benita 22 Bilder beim Landeskriminalamt Baden-Württemberg ab, nachdem er sie angesichts der öffentlichen Aufmerksamkeit in seinem Haus nicht mehr für sicher hielt.
Nach einer Vereinbarung vom 7. April 2014 hatte die Staatsanwaltschaft die Werke wieder freigegeben. Das Ermittlungsverfahren gegen Gurlitt endete mit seinem Tod.
Cornelius Gurlitt war tief verletzt davon, dass die Staatsanwaltschaft Augsburg ihn bei der Hausdurchsuchung "wie einen Verbrecher" behandelt habe. Aus diesem Grund wollte er nicht, dass die von seinem Vater, dem Kunsthändler und NS-Profiteur Hildebrand Gurlitt, begründete Sammlung in Deutschland verbleibt. In Bern hatte Cornelius Gurlitt dem Kunsthändler Eberhard Kornfeld, der ebenfalls zu den Förderern des Kunstmuseums Bern zählt, Bilder aus seiner Sammlung verkauft, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten.
Die Leitung des Museums ist künftig der Ansprechpartner für die Anwälte, die Raubkunst aus der Sammlung Gurlitt für die Erben einstiger Besitzer fordern. Auch die von der Bundesregierung eingesetzte Task-Force, die die Provenienzen der Gurlitt-Bilder ermitteln und mögliche Raubkunst identifizieren soll, müsse sich künftig mit den Schweizer Museumsbeamten auseinandersetzen. Das dürfte zumindest einfacher sein, als wenn sie es mit Privatpersonen aus der Familie Gurlitt zu tun hätten.
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Sein Erbe soll nach Informationen von SPIEGEL ONLINE an das Kunstmuseum in Bern gehen.
In der Wohnung in München-Schwabing lagerten Gemälde wie dieses von Max Liebermann: "Zwei Reiter am Strande". Zu dem Fund zählten darüber hinaus Werke von Picasso, Chagall, Matisse, Beckmann und Nolde.
Der Kunsthändler Hildebrand Gurlitt hatte nach 1933 Geschäfte mit den Nazis gemacht - und seine Kunstsammlung später seinem Sohn vermacht. Dieses Foto von Hildebrand Gurlitt entstand circa 1925.
Hildebrand Gurlitt, hier auf einem Sterbekärtchen, profitierte von der Willkür des Nazi-Regimes. Sein Sohn Cornelius erbte die spektakuläre Sammlung seines Vaters.
Wie kam Hildebrand Gurlitt an so viele wertvolle Gemälde? Diese Frage beschäftigt Ermittler und Forscher seit Monaten. Dieses Foto von 1952 zeigt Hildebrand Gurlitt (M.) im Gespräch mit dem Architekten Friedrich Tamms (r.).
In seinem Gespräch mit dem SPIEGEL sagte Gurlitt: "Mehr als meine Bilder habe ich nichts geliebt in meinem Leben."
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) würdigte Gurlitt für seine Rolle beim Schwabinger Kunstfund. Er habe noch jüngst der Provenienzrecherche und freiwilligen Rückgabe von Werken aus seiner Sammlung zugestimmt, sagte Grütters. Mit diesem Bekenntnis zur moralischen Verantwortung habe Gurlitt ein Zeichen für faire und gerechte Lösungen bei der Rückgabe von NS-Raubkunst gesetzt.
Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) würdigte Gurlitt für seine Rolle beim Schwabinger Kunstfund. Er habe noch jüngst der Provenienzrecherche und freiwilligen Rückgabe von Werken aus seiner Sammlung zugestimmt, sagte Grütters. Mit diesem Bekenntnis zur moralischen Verantwortung habe Gurlitt ein Zeichen für faire und gerechte Lösungen bei der Rückgabe von NS-Raubkunst gesetzt.
Foto: Christoph Schmidt/ dpaMelden Sie sich an und diskutieren Sie mit
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