Diana-"Duell" in der ARD Quoten-Königin der Herzen
"Spiegel TV Reportage: Diana forever", 23.8., Sat.1; "Diana und die Monarchie", 26.8., Arte; "RTL-Extra-Spezial: Dianas schönster Sommer", 29.8., RTL. So weit ein kleiner, bruchstückhafter Auszug aus dem deutschen Fernsehprogramm der letzten Augustwoche 1998. Dass die ein Jahr zuvor, am 31.8.1997, zusammen mit ihrem Geliebten Dodi al-Fayed bei einem Autounfall in Paris ums Leben gekommene Ex-Frau von Prinz Charles und Mutter der beiden Thronfolger William und Harry posthum nicht nur zur "Königin der Herzen", sondern auch zur Auflagen- und Quoten-Queen avancieren würde, war bereits damals offenkundig.
Nun, da die einstige Märchenprinzessin 46 Jahre alt geworden wäre und ihr mythenumrankter Tod sich zum zehnten Mal jährt, nehmen Medien aller Sparten und Couleur wieder Fahrt auf: Die bunten Wochenblätter des Boulevards spekulieren lustvoll darüber, ob William das gemeinsam mit seinem Bruder initiierte Pop-Konzert zu Dianas Ehrentag im Wembley-Stadion wohl mit seiner Ex-Freundin Kate besuchen wird, und ob es zwischen Charles und seiner Gattin Camilla kriselt.
Vor kurzem stellte die Journalistin Tina Brown ihr neues Buch "The Diana Chronicles" vor und erweiterte so den ohnehin imposanten Kanon der Erinnerungsliteratur um ein weiteres Exemplar. Und heute Abend dienen die Diana-Jubiläen wohl nicht zufällig auch als Aufhänger eines ambitionierten, gleich forsch als "neue Reihe" angekündigten ARD-Doku-Projekts, das unter dem Titel "Duelle" läuft und zunächst zwei Teile umfasst. "Diana gegen die Queen" heißt der erste, und er kommt aus gutem Haus: Auftraggeber ist der WDR, Produzent die Hamburger Firma Eco Media von Stephan Lamby, Autor glänzender TV-Dokus über Helmut Kohl, Fidel Castro und Joschka Fischer.
Handwerklich auf der Höhe der Zeit
Mit Hilfe von Zeitzeugenaussagen, Archiv-Aufnahmen und nachgestellten Szenen versucht Filmautor Michael Wech, die Biografien der beiden Rivalinnen aneinander zu spiegeln und anhand ihres Zweikampfs um Einfluss und Popularität ein Doppelporträt zu schaffen. Dazu hat er reichhaltiges Material gesammelt: Historiker und Buchautoren kommen genauso zu Wort wie Diana-Leibwächter und Queen-Pressesprecher. Die flotte Montage ist handwerklich ganz auf der Höhe der Zeit, wozu seit dem Erfolg des ZDF-Dokutainers Guido Knopp auch eine durchgängig dräuende Musikuntermalung gehört.
Darüber hinaus ist der Film dramaturgisch geschickt aufgebaut: Er beginnt mit Bildern der um Diana trauernden Massen in London nach Bekanntwerden der Todesnachricht und kontrastiert diese mit der sich tagelang schweigend auf Schloss Balmoral verschanzenden Queen. Die damals erhitzt diskutierte Frage, ob die Regentin, die nur unter dem Druck der Öffentlichkeit am Buckingham-Palast die Nationalflagge auf Halbmast setzen ließ, sich bei der Sargparade vor den sterblichen Überresten ihrer verstoßenen Schwiegertochter verneigen würde, erhebt Wech erst zum dramatischen Höhepunkt ("Es gibt in dieser Situation keinen Königsweg, auch für eine Königin nicht", formuliert etwas gedrechselt der Off-Kommentator), um sie dann wie einen Cliffhanger im Raum stehen zu lassen und erst am Ende wieder aufzugreifen.
Lieber ungepflügtes Terrain
Weil die vorhandenen BBC-Bilder dieser Szene als nicht spektakulär genug erachtet wurden, griff man zum Re-Enactment, der Nachstellung allerdings nicht mit Schauspielern, wie üblich, sondern mit Lookalikes des royalen Clans. Nicht in allen Fällen wirkt die Notwendigkeit der Rekonstruktion allerdings so plausibel wie im Falle dieser erzählerischen Klammer: Wenn ein Diana-Double mit einer Queen-Doppelgängerin parlierend durch einen Park spaziert, trägt das eher zur unbeabsichtigten Belustigung des Zuschauers als zur Intensitätssteigerung bei.
Vor allem aber kann keine noch so ausgeklügelte Aufbereitung die Tatsache wettmachen, dass wohl wirklich schon alle Winkelzüge in dem royalen Drama medial ausgeleuchtet wurden: Auch als Nicht-Experte in Windsorschen Wirren weiß man mittlerweile, dass die vermeintliche Traum-Hochzeit von Charles und Diana 1981 eine arrangierte Lüge war, die nur der Sicherung der Thronfolge dienen sollte. Und ebenso, dass die gefühlsbetonte Diana zwar eine betrogene, in höfischen Regularien gefangene, Bulimie-geplagte Königin der Schmerzen, aber auch kein reines Unschuldslamm war.
Markante Szenen wie jene am Verlobungstag, als Diana auf die an sich unsinnige Presse-Frage nach ihrem Verliebtsein mit "of course" antwortet, Charles jedoch umwölkt ein "whatever 'in love' means" hinzufügt, konnte man schon andernorts bestaunen: etwa 2005 in der Paare-Reihe "Bis dass der Tod uns scheidet" von Guido Knopp. Und als im vergangenen Jahr Elizabeth II. zum 80. Geburtstag porträtiert wurde, kam auch die spezielle Prägung der bereits in jungen Jahren zu Staatsräson und Pflichtgefühl erzogenen Monarchin zur Sprache.
Wer sich das Medienphänomen Diana und den seit der Trennung von Charles 1992 offen ausgetragenen Psychokrieg bei Hofe gleichwohl noch einmal in allen Facetten vergegenwärtigen will, der wird hier kompetent bedient wem der Sinn nach Neuem steht, der sollte eher Folge zwei der potenziellen "Duelle"-Reihe in Betracht ziehen. Was Stephan Lamby da über die tiefe Feindschaft der Gebrüder Adi und Rudolf Dassler, ihre Firmen Adidas und Puma, die Nazizeit, die zwei Fraktionen in der fränkischen Kleinstadt Herzogenaurach und die Anfänge des Sport-Marketings zusammengetragen hat, war so bisher noch nicht zu sehen. Wenn die "Duelle" wie bei Erfolg geplant 2008 fortgesetzt werden, sollten sich die Macher vielleicht auf solches, noch weniger durchgepflügtes Terrain konzentrieren.
Sonntag, 20.15 Uhr, RTL II: Concert for Diana
Sonntag, 21.45 Uhr, ARD: Duelle: Diana gegen die Queen Montag, 21.00 Uhr, ARD: Duelle: Adidas gegen Puma