Documenta 12 Viele Rätsel, wenig Stars und ein Restaurant in Barcelona
Kassel - Der künstlerische Leiter der diesjährigen Documenta, Roger M. Buergel, hat drei Tage vor der offiziellen Eröffnung der Schau das Geheimnis um "die Liste" gelüftet. Jetzt sind die Namen der 113 teilnehmenden Künstler offiziell. Viele von ihnen stammen aus Asien, Afrika und Südamerika und sind in Deutschland wenig bekannt - Buergels Wahl wird als mutig empfunden. Mehr als 500 Werke, 100 mehr als ursprünglich geplant, zeigen sie auf der Documenta. Unter den deutschsprachigen Künstlern sind der Maler Gerhard Richter, die Konzeptkünstlerin Cosima von Bonin und der Essayfilmemacher Harun Farocki. Retrospektiv werden Werke der Malerin und Bildhauerin Charlotte Posenenske ausgestellt. Die Documenta rechnet in diesem Jahr mit 650.000 Besuchern.
Auch das Geheimnis um den prominentesten Teilnehmer der documenta 12, dem spanischen Star-Koch Ferran Adrià, wurde gelüftet. Da es nicht möglich gewesen sei, dessen Küche nach Kassel zu verlegen, erklärte Buergel, habe man kurzerhand sein Restaurant bei Barcelona zu einem documenta-Standort erklärt. 100 Tage lang stünde im "elBulli" ein Tisch für documenta-Besucher bereit. Die Auswahl erfolge jedoch "nach dem bewährten Modell der kuratorischen Willkür", so Buergel: Die Gäste werden von der künstlerischen Leitung der documenta ausgewählt. "Wer mich darauf anspricht und darum bittet, hat schon verloren", sagte Buergel.
Erstmals gab es am Donnerstag den 415 Seiten umfassenden Katalog zu kaufen sowie ein reines Bilderbuch ohne Text, in dem Künstler die Arbeiten ihrer Kollegen dokumentieren. Die Ausstellung werde sich im Laufe der 100 Tage kontinuierlich verändern, betonte Kuratorin Ruth Noack, "es lohnt sich also, mehrmals zu kommen".
Buergel forderte die versammelte Presse auf, "das Moment der Unentscheidbarkeit, das für viele so schwer auszuhalten ist" als zentrales Gestaltungsmerkmal der documenta 12 zu akzeptieren. Fragen nach den Kriterien seiner Auswahl der Künstler beantworte er nicht: "Das ist schwer auf einen Begriff zu bringen." Er habe schlichtweg eine gute Ausstellung machen wollen. Leitmotive seien die Themen Moderne, Leben, Bildung und Migration gewesen.
Fünf Künstler aus verschiedenen Kontinenten präsentierten sich auf der Pressekonferenz vor weit über 2700 Journalisten. Die amerikanische Konzeptkünstlerin Mary Kelly berichtete von ihrem "Schock", als sie den ihr zugewiesenen Ausstellungsraum sah, der komplett pink gestrichen war. "Ich bekam einen Anfall." Doch dann habe sie begonnen, mit dieser Vorgabe zu arbeiten und sich unter anderem dafür entschieden, Bilder von Babys zu zeigen.
Der palästinensischen Künstlerin Ahlam Shibli, deren Arbeiten in einem jordanischen Flüchtlingslager entstanden sind, geht es um das Thema Heimat, ebenso wie Romuald Hazoumé aus Afrika, der Masken aus Benzinkanistern und Gießkannen bastelt. Der in Chile geborene, aber in Australien lebende Juan Davila unterstrich die Bedeutung der lateinamerikanischen Kultur für die Kulturgeschichte. Die in Frankreich lebende Argentinierin Alejandra Riera hofft, dass die documenta "neue Wahrnehmungen ermöglicht".
bos/dpa