Duell der Samstags-Shows "Steffi Raab" kann doch noch siegen

Nach all den Niederlagen kann Stefan Raab sich wieder beruhigt zurücklehnen: Die vierte "Schlag den Raab"-Herausforderung entschied er am Samstag klar für sich. Was die Quoten angeht, sorgte die "Superstar"-Konkurrenz bei RTL allerdings für einige empfindliche Treffer.
Von Peer Schader

Es ist bisher nicht sein erfolgreichstes Jahr gewesen. Anfang des Jahres ließ Stefan Raab sich von einem Augsburger in seiner selbst erfundenen Marathonshow 1,5 Millionen Euro wegnehmen, bei der fünften Wok-WM im März kam er nur auf einen höchst unbefriedigenden dritten Platz und nach dem Rückkampf gegen Regina Halmich war Raab vor zwei Wochen vielleicht Sieger der Herzen, aber eben nicht nach Punkten.

Es wurde wieder Zeit für einen echten Sieg. Um dem eigenen Ego nicht dauerhaft Schaden zuzufügen und dem Mythos gerecht zu werden. Gestern Abend hat es geklappt: Um halb eins in der Nacht zum Sonntag entschied der ProSieben-Berserker die vierte "Schlag den Raab"-Show für sich, mit deutlichem Punkteabstand zum 29-jährigen Kandidaten Heiko aus Mayen bei Koblenz, den die Zuschauer zuvor als Gegner ausgesucht hatten.

Und dennoch war es nur ein halber Sieg für Raab: Nach Punkten musste er sich auch diesmal geschlagen geben – gegen den zeitgleich laufenden RTL-Konkurrenten "Deutschland sucht den Superstar" (DSDS), der nach seinem Angriff auf "Wetten, dass...?" vor kurzem auch Raab schadlos überstanden hat, zumindest was die Quoten angeht (für ProSieben-Verhältnisse aber immer noch spitze).

Melken, schaukeln, fluchen

Die Quoten sind zwar auch bei "DSDS" längst weit von dem entfernt, was RTL aus den Castings gewohnt war, aber beim Marktanteil in der jungen Zielgruppe, der für die Sender wegen des Verkaufs ihrer Werbezeiten wichtig ist, jagte "DSDS" Raab so einige Zuschauer ab: Die vierte "Schlag den Raab"-Show lief lange nicht so gut wie die Ausgaben davor. 4,16 Millionen sahen DSDS (15,6 Prozent Marktanteil), in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen waren es 2,68 Millionen (28,3 Prozent Marktanteil) - wohl auch wegen des guten Wetters einer der schlechtesten Werte der aktuellen Staffel. "Schlag den Raab" hatte 2,25 Millionen Zuseher (9,5 Prozent), in der werberelevanten Zielgruppe 1,64 Millionen (17,8 Prozent). "Frag doch mal die Maus" im Ersten holte immerhin 12,3 Prozent bei den 14- bis 49-Jährigen, ingesamt schalteten 4,54 Millionen ein. Quotensieger des gesamten Abends: Die Volksmusik-Show "Willkommen bei Carmen Nebel" im ZDF sahen 5,49 Millionen Zuschauer.

Dabei hatte die Raab-Nacht vielversprechend begonnen. Raab und sein Herausforderer entschieden die ersten Spiele abwechselnd für sich. Raab glänzte beim Auftaktmelken, Heiko war besser im Air Hockey und schaffte den Überschlag in der vor dem Studio aufgebauten Schiffschaukel zuerst. Raab punktete im Motocrossfahren und gewann trotz deutlicher Defizite das Promi-Bilderraten. "Das ist bestimmt wieder so'n amerikanischer Schauspieler, die kenn ich alle nicht", rechtfertigte er sich zwischendurch, weil er Orlando Bloom nicht einzuordnen wusste, und fluchte andauernd: "Den hab ich doch auch schon mal irgendwo gesehen!"

"Das reicht nicht mal für Cappucino!"

"Das sind wahrscheinlich die Nachwirkungen des Halmich-Kampfes: Alles schon mal gesehen", witzelte Moderator Matthias Opdenhövel, dem man inzwischen eine großartige Leistung bescheinigen muss: Opdenhövel führt gelassen durch den TV-Marathon, stellt sich dabei nicht in den Vordergrund und macht die richtigen Witzchen an der richtigen Stelle.

Zum Melkergebnis sagt er: "Das reicht ja nicht mal für einen Cappuccino!" Und nach der Motocross-Runde, mit der beide Gegner ihre Probleme hatten: "Vielleicht hätten wir besser die Stützräder an den Maschinen drangelassen." Als Raab sich beim letzten Spiel ordentlich Klebepaste an die Finger schmierte, damit ihm der Handball fürs Sieben-Meter-Werfen nicht aus der verschwitzen Hand rutscht, warnte sein Kollege: "Vorsicht, wir spielen gleich noch Mikado." Da musste sogar Meister Raab lachen.

Aber da war es auch längst entschieden: Ab dem achten Spiel konnte Heiko nicht mehr mithalten. Zuvor hatte "Steffi Raab", wie Opdenhövel witzelte, bereits das Hallentennis-Match gewonnen, später war er auch im Fechten, Bogenschießen, Orteraten und Schätzen besser. Es hatte keinen Zweck mehr.

Utopische Schlusszeiten

Prompt zeigte sich die alte "Schlag den Raab"-Schwäche: Wenn es nach dreieinhalb Stunden so aussieht, als würde der Chef diesmal wieder den Sieg davontragen, wünscht man ihm nachdrücklich, sofort die nächsten Spiele zu gewinnen, weil das Aufholen des Kandidaten sonst wohl bedeuten würde, dass man erst gegen halb drei in der Nacht ins Bett käme.

Da half es auch nicht viel, in den Werbepausen zu den "Superstars" rüberzuschalten, denen längst die Abwechslung verloren gegangen ist. In der Entscheidungsshow am Abend musste Lauren Talbot gehen – eigentlich nur mit zwei Wochen Verzögerung, weil sie schon einmal kurz davor stand. Bei ProSieben wurden zu dieser Zeit gerade die Bogen für das zehnte Spiel gespannt.

Wieviel Sendezeit Raab diesmal überzogen hat, lässt sich nicht so genau sagen, weil ProSieben längst keine eindeutigen Schlusszeiten mehr kommuniziert, wenn "Schlag den Raab" läuft. In der Programmzeitschrift steht halb zwölf, was völlig utopisch ist, im Videotext zwölf, meist wird es - wie diesmal - halb eins.

Es geht nur unbesiegbar

In keiner Minute war es bis dahin so spannend wie im Januar, als Raab sich mit dem damaligen Kandidaten Matthias bis zum Schluss ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferte und der Entscheidung geradezu entgegen fieberte. Aber das macht nichts. "Schlag den Raab" lebt auch davon, dass nur jede dritte oder vierte Show richtig spannend sein kann, weil dann genau der richtige Kandidat ausgewählt wurde, der um einen aberwitzigen Jackpot-Betrag spielen kann. Hätte Raab nicht sein Unbesiegbarkeits-Image, wäre es wohl nur halb so lustig.

Und wer hätte gedacht, dass man am Samstagabend zur besten Sendezeit einmal zwei gerade vom Tennis kommende, völlig verschwitzt aussehende Herren in kurzen Hosen und mit Handtüchern um den Hals geworfen eine Partie "Mensch ärger dich nicht" spielen sehen würde? Sowas hätten sich nicht mal Kulenkampff, Frankenfeld oder Carrell getraut – von Gottschalk ganz zu schweigen.

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