Ehrenbürger-Debatte Neumann unterstützt Biermann

Die Verleihung der Berliner Ehrenbürgerwürde an Wolf Biermann findet immer mehr Fürsprecher. Einen Tag vor der Entscheidung schaltete sich auch Kulturstaatsminister Bernd Neumann in die Debatte ein und kritisierte das zögerliche Verhalten des Senats.

Berlin - "Biermanns Verdienste als politischer Dichter und Sänger sind unbestritten. Wie kaum ein anderer Künstler hat Biermann mit seinen Liedern, Versen und Essays die gesellschaftlichen Debatten in Ost und West über Jahrzehnte mitgeprägt", sagte Kulturstaatsminister Bernd Neumann (CDU) in Berlin. Seine Ausweisung aus der DDR 1976 habe den moralischen Zustand der SED-Diktatur sichtbar werden lassen. Er stehe für die Freiheit der Kunst.

Die Debatten um Biermanns Ehrenbürgerwürde seien eine kulturpolitische Blamage für den Berliner Senat, sagte Neumann. "Ich appelliere an die Berliner Landespolitiker, endlich ein klares Zeichen zu setzen und die Ehrenbürgerwürde an Biermann zu beschließen", fügte er hinzu. Zum Zeichen seiner Unterstützung habe er Biermann zu einem Gespräch ins Bundeskanzleramt eingeladen.

Die Berliner Oppositionsparteien hatten einen gemeinsamen Antrag im Abgeordnetenhaus eingebracht, mit dem sie auf die Verleihung der Ehrenbürgerwürde an Biermann drängen. SPD und Linkspartei.PDS reagierten bislang jedoch zurückhaltend. Sie wollten am morgigen Dienstag auf Fraktionssitzungen über den Vorschlag beraten.

Der Vizepräsident des Abgeordnetenhauses, Uwe Lehmann-Brauns (CDU), sprach sich für "einen großen Konsens" aller Parteien aus. Er hoffe auf ein Einlenken der bisher ablehnenden SPD-Fraktion, sagte Lehmann-Brauns. Einen Kompromissvorschlag, die Abstimmung auf den Herbst dieses Jahres zu verschieben und gemeinsam mit anderen Ehrenbürgerkandidaturen zu behandeln, lehne er ab.

Der Grünen-Politiker im Europaparlament, Michael Cramer, bezeichnete die "wechselnden Begründungen für die Verweigerung" der Ehrenbürgerwürde als "peinlich". Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) müsse sich entscheiden, ob "er als Kultursenator oder als Kulturbanause in die Geschichte" eingehen wolle.

Biermann habe seinerzeit "das Lachen als Waffe gegen die SED-Diktatur entdeckt", sagte der Philosoph und evangelische Theologe Richard Schröder dem "Tagesspiegel". Seine Ausbürgerung sei der Anfang vom Ende der DDR gewesen, weil er eine "ungeahnte Protestwelle in der DDR" ausgelöst habe, erklärte das SPD-Mitglied. Er wies auch den Einwand der Linkspartei zurück, Biermann habe den Irakkrieg befürwortet. "Wer seinen Vater in Auschwitz verloren hat, weil er jüdischer Herkunft war, denkt verständlicherweise anders über die Bedrohung des Staates Israel durch irakische Raketen, wie sie schon einmal auf Israel abgefeuert worden sind, als die Linkspartei", sagte Schröder.

Nadine Schimroszik, ddp

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