"Fat Actress" Kirstie Alley Erfolg in vollem Umfang

Wer dick ist, kann sich verdünnisieren - das gilt im Showgeschäft nach wie vor. Korpulenz ist auf der Leinwand unverzeihlich und vor allem für Frauen ein Karriere-Killer. Die US-Schauspielerin Kirstie Alley nimmt die Diskriminierung von Übergewichtigen leicht - und geht mit ihrer Doku-Soap "Fat Actress" in die Offensive.

Als sie bei Adrian Lyne, dem Regisseur von "Eine verhängnisvolle Affäre" vorsprach, wog Kirstie Alley knapp 60 Kilo bei einer Körpergröße von 1,70 Meter. Zu dick lautete das Urteil. "Er sagte mir, ich solle in zwei Wochen wieder kommen und abnehmen. Ich dachte, o mein Gott, 60 ist fett!", erinnerte sich die heute 54-Jährige unlängst im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP.

Die Abfuhr war symptomatisch für den Schönheits- und Körperwahn made in Hollywood. Die Traumfabrik will Traumkörper in Szene setzen - und macht den Darstellerinnen das Leben zur Hölle.

Auch Alley, bekannt geworden mit der TV-Serie "Cheers", trug schwer an ihrem aus Produzentenperspektive nicht mehr ganz perfekten Körper. So schwer, dass sie beschloss, aus dem Dilemma eine leichtfüßige Doku-Soap zu machen. "Fat Actress" heißt die fiktive Dokumentation, die am Montag in den USA startete und für kurze Zeit auch bei Yahoo  zu sehen ist.

Alley spielt sich selbst als in die Krise geratenen Medienstar. Im Pilotfilm taucht deshalb John Travolta als Freund und Kollege auf und empfiehlt eine Diät-Beraterin. Deren Tipps reichen von Erbrechen ("Nimm nicht deinen Finger, sondern einen schönen Stift. Sei kreativ!") bis hin zum Ratschlag, Zigaretten zu verspeisen. "Das ätzt Löcher in deinen Magen!"

Auch das im Pilot gezeigte Treffen mit einem Fernsehproduzenten ist satt an bösen Gags: "Ich könnte eine große Show machen!", sagt Ally. "Das glaube ich. Riesig!", frotzelt NBC-Manager Jeff Zucker, der sich selber spielt, bösartig.

"In der Sekunde, als ich entschied, die Show zu machen, war ich befreit!", bekannte Ally gegenüber AP. "Die Gazetten wollten, dass ich ein Versteckspiel spiele, und dann hätten sie mich gefunden und das übelste Foto von mir gemacht, dass sie kriegen könnten. Ich wurde gejagt und dachte: Es ist aus."

Doch mit einem Gewicht von fast 100 Kilo beginnt jetzt die zweite Karriere der Kirstie Alley: Jenseits der Selbstoptimierungszwänge, die Schauspielerinnen bis in die Anorexie treiben, genießt die Darstellerin den Erfolg an breiter Front. Die "New York Times" lobte bereits den "schlauen, aufrüherischen Humor" der Show, die die gängigen Vorurteile gegen sich selber wendet; Alley selbst bekannte gegenüber AP, sie sei "niemals glücklicher" gewesen als jetzt.

Dabei ist "Fat Actress" nicht das einzige Format, das den Körperkult aufs Korn nimmt. Ob "The Biggest Loser", ein TV-Abnehm-Wettbewerb, Neil La Butes Theaterstück "Fat Pig" über eine Affäre zwischen einer übergewichtigen Frau und einem Durchschnittsmann oder der von Figurproblemen geplagte Chaotensingle Bridget Jones - Übergewicht wird zunehmend zum Medienthema.

Vorbei also die Zeiten, als der Spruch "You're so ano" - Du bist so anorektisch - als höchstes Lob unter den New Yorker Society-Ladys galt? Kirstie Alley könnte mit ihrer mutigen Selbstparodie zum Star einer neuen Bewegung werden und dafür sorgen, dass die Verfechter einer leicht vermarktbaren Selbstausmergelung immer mehr abnehmen.

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