Frauen und Humor Jeder Witz braucht einen Bart!

Sorry, Ladys, aber: Schon Eva war nicht lustig, als sie Adam einen Apfel reichte. Und selbst Anke Engelke vermag nichts an dem ewigen Schicksal der Frau zu ändern. Eine Polemik von Reinhard Mohr über das weibliche Geschlecht, das sich viel zu ernst nimmt, als dass es jemals lustig sein könnte.

Es war von Anfang an so. Frauen sind schön und intelligent, geheimnisvoll und berechnend, romantisch und lebensklug - nur lustig sind sie nicht. Wer nach Gegenbeispielen sucht, findet sie - wie Kollege Daniel Haas. Aber sie sind bloß die Ausnahmen von der Regel. Nicht einmal Oskar Lafontaine, die polternde Polit-Cuvée aus Rotwein-Napoleon von der Saar und Louis de Funès, würde hier nach mehr "sozialer Gerechtigkeit" rufen und die Einsetzung einer Humorgleichstellungsbeauftragten - Idealbesetzung: Ehefrau Christa - fordern.

Wenn es um Witz, Komik und Satire, um Ironie und Sarkasmus, Zynismus und den Sinn fürs Absurde, um Groteske und höheren Blödsinn in Publizistik, Literatur, Kabarett und Comedy geht, dann dominiert - auch 10.000 Jahre, nachdem Fred Feuerstein zum letzten Mal "Wilma!!!" schrie und Barney Geröllheimer sein meckerndes Lachen aufsetzte - eindeutig das männliche Geschlecht. Während überall sonst die Frauen auf dem Vormarsch sind und sich ihre Hälfte des Himmels auf Erden erobern, ist beim Thema Witzigkeit Schluss mit lustig.

Die Ursünde weiblicher Humorlosigkeit beging Eva, als sie Adam den verbotenen Apfel reichte. Entschuldigung Ladys, aber das war ganz und gar nicht lustig! In diesem Stil ging es weiter. Selbst als Leni Riefenstahl ihren grotesken Propagandafilm über Hitlers Nürnberger Reichsparteitag 1934 "Triumph des Willens" nannte, hat niemand gelacht.

Der Kabarettist Horst Schroth, dessen neues Soloprogramm "Grün vor Neid" heißt, hat einfach recht: "Frauen sind leider nicht lustig. Sie nehmen Humor eben sehr, sehr ernst. Und das merkt man." Wenn es ganz schlimm kommt, ist das Ergebnis "Frauenkabarett", Kabarett von Frauen für Frauen. Und da liegt der Hund, pardon: die Hündin begraben: Frauen gehen, trotz Alice Schwarzer und Jutta Ditfurth, immer noch als Frauen auf die Bühne - Männer dagegen als Kabarettisten, Komiker, Comedians.

Frauen fehlt die Chuzpe der unverschämten Selbstbehauptung

Frauen erklären erst einmal, dass und warum sie Frauen sind, reflektieren ihre geschlechtsspezifischen, gesellschafts- und männerkritischen Motive, betonen mimisch wie gestisch ihre Fähigkeit zur Selbstironie und sprechen oft ein bisschen zu laut, so, als müssten sie sich selbst Mut machen bei so viel Selbstverwirklichung.

Männer üben schlicht ihren Beruf aus. Sie gehen einfach auf die Bühne und erklären die Welt. Die Frauen treibt ein Selbsterklärungsbewusstsein, die Männer Sendungsbewusstsein.

Das ist ihre Rache für die Vertreibung aus dem Paradies.

Womöglich rühren daher auch jene Aggressivität und Erregungsbereitschaft, ohne die weder Ludwig Börne noch Karl Kraus, weder Kurt Tucholsky noch Georg Christoph Lichtenberg, weder Robert Gernhardt noch Hanns Dieter Hüsch ihre satirischen Attacken geritten hätten.

"Freiheit gibt Witz, und Witz gibt Freiheit", meinte der Romantiker Jean Paul, sonst ein sehr ernster Zeitgenosse. Freiheit aber, mithin Witz, gibt es nicht ohne Selbstbewusstsein, ohne Aufklärung und Selbstaufklärung, schon gar nicht ohne Distanz und Selbstdistanz. Dringend erwünscht ist der Mut zum Irrtum, die Chuzpe der unverschämten Selbstbehauptung, die Lust, sich unbeliebt zu machen.

Humorarbeiterinnen im männlichen Schatten

Witz braucht Tempo, Kälte und jene gnadenlose Schärfe, an der sich die Scharfmacher zuweilen selbst schneiden können. All das fehlt den Frauen. Sie legen lieber Mullbinden. Gewiss, Gisela Schneeberger und Evelyn Hamann gelang es zuweilen, sogar männlichen Zuschauern eine Kontraktion der Lachmuskeln abzuringen - so wie einst Liesl Karlstadt.

Doch ach, auch diese disziplinierten Humorarbeiterinnen standen im Schatten ihrer Partner, deren Texte sie als Rollenprosa auswendig lernen mussten - Karl Valentin, Gerhard Polt, Loriot.

Anke Engelke ist eine tolle Parodistin, doch als sie zur "Late-Night"-Nachfolgerin von Harald Schmidt erkoren wurde, versagte sie. Ihr fehlte schlicht die Statur, auch jenseits des vorgeschriebenen Rollenspiels komisch zu sein, aus eigener "Kompetenzkompetenz" (Edmund Stoiber).

Wenn Lachen nach Kant ein "Affekt aus der plötzlichen Verwandlung einer gespannten Erwartung in nichts" ist, muss vorher etwas dagewesen sein: Stärke, Souveränität. Ohne Selbst- und Welterfahrung, ohne Abstand zum Dasein, entsteht auch keine Fallhöhe, jener Abgrund, der das Gelächter erst hervorruft. Für Sekunden legt es die Welt symbolisch in Trümmer, bevor sie im nächsten Augenblick wieder aufersteht.

Die Krux der ästhetischen Weltanschauung

Apropos Trümmer: Die über Jahrtausende gewachsene Herrschaft der Männer ist der wahre Grund ihrer satirischen Oberhoheit. Sie sind Hofnarren ihrer selbst. Die besten unter ihnen zerlegen das, was sie selbst aufgebaut haben, also sich selbst - späte Erben der Marx Brothers, Praktikanten des Weltchaos. Motto: Ego sum, ergo rumms.

Frauen aber wollen lieber versöhnen statt spalten. Sie wollen geliebt werden statt gefürchtet, gemocht statt gehasst, bewundert statt verachtet. Zu alldem kommt die weibliche Krux der ästhetischen Weltanschauung. Denn jeder Bademeister weiß: Schönheit schadet der Lachkultur. Wer glotzt, meint es ernst.

Freilich, auch hier gibt es Ausnahmen. Die bayerische Kabarettistin Monika Gruber, 37, blond und attraktiv, gehört schon zu einer anderen Generation als die Vorkämpferinnen des feministischen Satirewesens. Ohne jede weitere Rechtfertigung geht sie einfach auf die Bühne. Fast wie ein Mann. Ihr aktuelles Programm trägt den Titel: "Zu wahr, um schön zu sein."

Es ist also noch Hoffnung am Humorstandort Deutschland. Doch seien wir ehrlich: Jeder Mann, der behauptet, das Wichtigste bei einer Frau sei ihr Humor, ist ein elender Lügner.

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