Gebrochenes Versprechen China gängelt Reporter trotz Olympischer Spiele
Alles war abgesprochen, genehmigt und bezahlt. Gleichwohl unterbrachen Sicherheitskräfte jüngst eine Liveübertragung des ZDF von der Großen Mauer für das Morgenmagazin. "Das war nur die Spitze des Eisbergs von dem, was wir in der ganzen Woche unserer lang geplanten Livesendungen aus China erlebten", sagte ZDF-Korrespondent Johannes Hano bitter.
Das ZDF steht nicht allein mit seinen Problemen. Einen Monat vor Beginn der Olympischen Spiele in Peking am 8. August sieht es nicht gut aus mit freier Berichterstattung. "Die chinesische Regierung blockiert und bedroht nach wie vor ausländische Journalisten trotz aller Versprechen, Restriktionen vor den Olympischen Spielen aufzuheben", klagt die Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" in Hongkong in einem neuen Bericht. "Systematische Überwachung, Behinderung, Bedrohung von Informationsquellen und Druck auf örtliche Assistenten hemmen die Versuche ausländischer Korrespondenten, Artikel zu recherchieren."
Nicht nur die Berichterstatter, sondern auch Interviewpartner sind demnach Opfer von Willkür. In einem Fall wurde laut "Human Rights Watch" ein Gesprächspartner nach der Begegnung mit einem TV-Team so übel zusammengeschlagen, dass er ins Krankenhaus eingeliefert werden musste.
Versprechen nicht eingelöst
Auch der Pekinger "Club Ausländischer Korrespondenten in China" (FCCC) beschwerte sich - wie schon vor einigen Wochen - über die Arbeitsbedingungen seiner mehr als 400 Mitglieder. "Die chinesische Regierung hat bisher ihr olympisches Versprechen völliger Freiheit der Berichterstattung nicht eingelöst", sagt FCCC-Präsident Jonathan Watts.
Das Bild sei allerdings widersprüchlich: Einerseits dürften offiziell ausländische Berichterstatter nach neuen Regeln während der olympischen Zeit frei reisen und arbeiten, außer in Tibet. Andererseits seien etliche Regionen Chinas, zum Beispiel Siedlungsgebiete von Tibetern, gesperrt worden.
Nach den schweren Erdbeben in Sichuan hatten Reporter zunächst ohne größere Probleme aus dem Katastrophengebiet berichten können - das hatte die Hoffnung auf eine neue Haltung gegenüber Journalisten geschürt. Doch inzwischen hat sich die Situation wieder gewandelt: In insgesamt 16 Fällen wurden internationale Korrespondenten von den Behörden zeitweise festgesetzt oder zurückgeschickt.
Dies geschah vor allem in Ortschaften, in denen offenbar unsolide gebaute Schulen zusammengestürzt waren und Hunderte von Kindern unter sich begraben hatten. Eltern der Opfer wurden gewarnt, nicht mit den Medien zu sprechen. FCCC-Präsident Watts nennt dies "eine ernsthafte Bedrohung".
Beschränkungen bei der Visa-Vergabe
In den vergangenen Monaten sei es entgegen aller Versprechen für Journalisten nicht leichter geworden, Visa für China zu bekommen, sondern schwerer, beklagt der FCCC. Außerdem würden viele Web-Seiten von den Behörden blockiert, und Interviews mit Offiziellen seien "oft unmöglich". Watts, der zugleich Korrespondent der britischen Tageszeitung "The Guardian" ist, forderte die chinesische Regierung auf, einen besseren Zugang zu Informationen und Transparenz zu einem "dauerhaften Vermächtnis der Spiele zu machen".
Dies hängt nach Ansicht vieler Berichterstatter auch vom Druck von außen ab. Obwohl das Internationale Olympische Komitee (IOC) nach eigener Charta verpflichtet ist, alles zu unternehmen, um "ausführlichste Berichterstattung zu ermöglichen", habe die Organisation bislang weder Partei für die Presse ergriffen noch Peking ermahnt, seine Versprechen einzuhalten, moniert "Human Rights Watch".
Im Gegenteil - IOC-Pressechef Kevan Gosper lobte zuletzt noch die "Aufgeschlossenheit" der chinesischen Regierung bei der "Unterstützung der Interessen internationaler Journalisten".
Zu den Spielen werden rund 20.000 Berichterstatter und Techniker in Peking erwartet.