Wulff-Bericht vor Gericht "Bild" und die Frage, wer wann was enthüllte

Film-Finanzier und Wulff-Freund David Groenewold: Wer enthüllte die Hotel-Story?
Foto: dapdBerlin - In einem Rechtsstreit über die Berichterstattung der "Bild"-Zeitung über die Rolle der Boulevardzeitung bei der Aufklärung der privatgeschäftlichen Verstrickungen des ehemaligen Bundespräsidenten Christian Wulff hat der Filmfinanzier und Wulff-Freund David Groenewold einen vorläufigen Erfolg vor dem Berliner Landgericht erzielt. Die Urteile kommen für die Axel Springer AG eher ungelegen: Gerade erst ist "Bild" für ihre Wulff-Berichterstattung für den renommierten Henri-Nannen-Preis nominiert worden.
In zwei Verfahren hatte sich Groenewold gegen die Darstellung des Blattes gewehrt, die "Bild" habe "enthüllt", dass Groenewold dem Politiker eine Sylt-Reise im Jahr 2007 finanziert habe. Am 18. Februar 2012, Wulff war gerade zurückgetreten, füllte "Bild" eine ganze Seite mit einer Darstellung der eigenen Rolle in der Aufklärung der Wulffschen Verstrickungen: "So deckte BILD die Wulff-Affäre auf", stand dort zu lesen, darunter eine Chronologie der "Bild"-Berichte über den Fall. Darin, unter dem Datum 8. Februar, folgende Sätze: "Der Bericht, der letztendlich zum Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft und zum Rücktritt des Bundespräsidenten führt. BILD enthüllt: Der Filmproduzent David Groenewold hat 2007 für Wulff einen Luxusurlaub im 'Hotel Stadt Hamburg' (HSH) auf Sylt gebucht und bezahlt."
Zwar ist es unbestritten, dass Groenewold dem Wulff den Urlaub zumindest vorfinanzierte (angeblich hat Wulff seinem Freund die Rechnung später in bar beglichen), doch ein Detail stimmt nicht, jedenfalls nicht nach Auffassung des Landgerichts Berlin: Nicht "Bild" enthüllte diese Finanzierung, sondern Groenewold selbst. Schon am 24. Januar hatte er dem in dieser Sache recherchierenden NDR über seine Anwälte Auskunft geben lassen - und der Sender hat noch am selben Tag darüber berichtet. Groenewold hat mit dieser Begründung eine einstweilige Verfügung gegen die "Bild"-Berichterstattung erwirkt und verlangt eine Gegendarstellung. Das Landgericht Berlin, in der Branche nicht als allzu pressefreundlich bekannt, hat ihm in beiden Verfahren Recht gegeben.
Der Springer-Verlag kommentiert das "laufende Verfahren" offiziell zwar nicht, doch schon diese Wortwahl lässt darauf schließen, dass man die Urteile nicht auf sich sitzen lassen will: Das Verfahren ist noch nicht abgeschlossen. Die Argumentation des Verlags lässt sich den Urteilen des Landgerichts entnehmen: Die von Groenewold bemängelte Passage sei aus dem Zusammenhang gerissen.
Mitnichten behaupte "Bild", Wulffs Sylt-Urlaub und dessen Finanzierung "enthüllt" zu haben, sondern das, was darauf folgte - übrigens auch in der "Bild"-Chronologie direkt nach den inkriminierten Sätzen: "Groenewold ruft am 16. Januar 2012 im 'Hotel Stadt Hamburg' an und bittet: keine Auskunft an die Presse. Drei Tage später fährt er nach Sylt und lässt sich Kopien der Rechnungen über den gemeinsamen Aufenthalt aushändigen. Das Hotel legt darüber einen internen Vermerk an: 'Hr. David Groenewold hat gestern angerufen, wir sollten keinerlei Infos über ihn rausgeben. Er war 2007 mit Hr. Wulff im HSH und hat den gesamten Aufenthalt übernommen ... Falls also BILD oder SPIEGEL anruft, wir wissen von nichts.'"
Nach Auskunft des Landgerichts Berlin ist im Prozess um die Gegendarstellung bereits eine Berufung anhängig. (AZ 10 U 78/12)