Er hat nie eine Hochschule besucht - und war dennoch einer der profiliertesten Forscher über den jüdischen Widerstand während des Holocausts. Seine Elite-Unis seien Auschwitz und Buchenwald gewesen, befand sein Freund Wolf Biermann. Nun ist Arno Lustiger im Alter von 88 Jahren gestorben.
Arno Lustiger (2008): "Seine Elite-Unis hießen Auschwitz und Birkenau"
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Frankfurt am Main - Er hat den Holocaust überlebt und galt als wichtige akademische Instanz für die Geschichte der Juden in dieser Zeit. Am Dienstag ist der Historiker und Publizist Arno Lustiger im Alter von 88 Jahren gestorben. Das bestätigte der Zentralrat der Juden.
Lustiger überlebte sechs Konzentrationslager und zwei Todesmärsche. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen war der am 7. Mai 1924 im oberschlesischen Bedzin in Polen geborene Lustiger in den Widerstand gegangen und wurde verhaftet. Nach Kriegsende ging er nach Frankfurt am Main und arbeitete als Textilunternehmer. Maßgeblich war er am Wiederaufbau der dortigen jüdischen Gemeinde beteiligt.
Die eigenen Erfahrungen während des Holocausts bewegten Lustiger später dazu, sich wissenschaftlich mit der Geschichte der Shoa zu befassen. Er wollte unter anderem die These widerlegen, die Juden seien in der Nazi-Zeit willenlose Opfer gewesen. Bekannt wurde Lustiger mit Werken wie "Zum Kampf auf Leben und Tod" und "Rotbuch - Stalin und die Juden".
2004 legte Lustiger seine Erinnerungen in der Biografie "Sing mit Schmerz und Zorn - Ein Leben für den Widerstand" vor. Zu seinen Freunden zählte der Liedermacher Wolf Biermann, mit dem er am Holocaust-Gedenktag 2005 vor dem Bundestag sprach. Biermann hielt auch die Laudatio auf Lustiger, als diesem im Jahr 2009 das Große Bundesverdienstkreuz verliehen wurde.
Bei dieser Gelegenheit prägte Biermann auch den Satz, Lustigers "Elite-Universitäten hießen damals Auschwitz und Buchenwald und das KZ Langenstein im Harz". Damit spielte er darauf an, dass Lustiger wegen der Judenverfolgung im Nationalsozialismus nie das Abitur machen oder eine Hochschule besuchen konnte. Gemeinsam mit Biermann erhielt Lustiger 2001 zudem den Heinz-Galinski-Preis.