Holger Friedrich "Berliner Zeitung" will Stasi-Vergangenheit ihres Verlegers aufarbeiten

Ende vergangener Woche war bekannt geworden, dass Holger Friedrich Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi war. Nun kündigen seine Zeitungen eine Aufklärung an - "journalistisch klar und unabhängig".
Holger Friedrich, Neuverleger der "Berliner Zeitung"

Holger Friedrich, Neuverleger der "Berliner Zeitung"

Foto: Reiner Zensen/ imago images

Nach dem Bekanntwerden der Stasi-Kontakte des neuen Besitzers des Berliner Verlags, Holger Friedrich, will das Medienhaus den Fall journalistisch aufbereiten. "Wir werden Fakten sammeln, wir wollen die Akten - die Opfer- und die Täterakte - einsehen", schreiben die Chefredakteure von "Berliner Zeitung" und "Berliner Kurier", Jochen Arntz und Elmar Jehn, in den Onlineausgaben ihrer Blätter  unter der Rubrik "In eigener Sache".

Die Redaktion werde sich ein Bild machen, Experten hinzuziehen und auch mit Menschen reden, die in den Akten auftauchen. "Holger Friedrich hat der Redaktion ausdrücklich zugesichert, sie auf diesem Weg zu unterstützen." Die Zeitungen würden "journalistisch klar und unabhängig" berichten, schreiben Arntz und Jehn weiter.

Der Berliner Unternehmer Friedrich hatte mit seiner Frau Silke unlängst den Berliner Verlag mit der "Berliner Zeitung" und dem "Berliner Kurier" von der DuMont-Mediengruppe übernommen. Am Freitag war bekannt geworden, dass Friedrich in der DDR zeitweise Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi war. Wie die "Welt am Sonntag" berichtete, war er unter dem Decknamen "Peter Bernstein" für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) tätig. Demnach berichtete er während seines Wehrdiensts bei der Nationalen Volksarmee über Kameraden und belastete diese dem Bericht zufolge teilweise schwer.

"Aus einer Notsituation" heraus

Friedrich selbst erklärte, er habe eine handschriftliche Verpflichtungserklärung bei der Stasi aus einer Notsituation nach einer Verhaftung heraus verfasst, um einer befürchteten Gefängnisstrafe zu entgehen. Er sei "nicht aktiv" für die Staatssicherheit tätig gewesen. Bei der ersten Gelegenheit habe er sich dieser Notsituation entzogen und danach die Zusammenarbeit mit der Stasi verweigert.

Bei der journalistischen Aufarbeitung von Friedrichs Vergangenheit wolle die Redaktion auch klären, warum der Neuverleger nicht schon beim Kauf des Verlags über seine Stasi-Kontakte informiert habe. "Wir werden unseren Verleger dazu befragen. Wir wollen seine Beweggründe kennenlernen, wir wollen verstehen, wie seine Entscheidung zustande kam", schreiben Arntz und Jehn.

Zudem reagierte die Redaktion der "Berliner Zeitung" abermals auf einen Bericht des SPIEGEL. Darin geht es darum, dass die Zeitung über das ostdeutsche Biotech-Unternehmen Centogene berichtet hatte, ohne zu erwähnen, dass Friedrich in dessen Aufsichtsrat sitzt und laut US-Börsenaufsicht im Juni über eine in Berlin ansässige Firma 3,27 Prozent an dem Unternehmen hielt. Vom SPIEGEL zu möglichen Interessenkonflikten befragt, hatte Friedrich vergangene Woche über einen Medienanwalt mitteilen lassen, dass er "gegenwärtig keine Veranlassung" sehe, "sich zu geschäftlichen Interna zu äußern".

Wie die "Berliner Zeitung" nun erklärt, hatte Friedrich dem Herausgeber und der Chefredaktion den Hinweis gegeben, dass Centogene Weltmarktführer in der gentechnischen Analyse sei und dessen Börsengang ein Anlass zur Berichterstattung sein könnte. "Weder der Chefredaktion noch den beiden Wissenschaftsredakteuren war zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass Holger Friedrich an dem Unternehmen beteiligt ist. Wäre das anders gewesen, hätte die Redaktion diese Information in den Artikel mit aufgenommen", hieß es in der Erklärung.

Künftig werde die Redaktion für Transparenz sorgen und in der Berichterstattung prüfen, ob geschäftliche Interessen des Unternehmerehepaars Friedrich oder des Medienhauses berührt seien.

Auch der kürzlich eingesetzte Herausgeber der "Berliner Zeitung", Michael Maier, hatte sich in einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" (Montagausgabe) kritisch zu dem Fall geäußert: "Falsch war, nicht zu erwähnen, dass der Verleger im Aufsichtsrat sitzt. Das war mir und der Redaktion nicht bekannt. Die Jungverleger haben mittlerweile sicher verstanden, dass es gewisse Spielregeln gibt, die man am besten übergenau einhält."

brs/dpa
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