Schmähgedicht-Affäre Böhmermann zieht gegen Merkel vor Gericht

TV-Satiriker Jan Böhmermann verhöhnte den türkischen Präsidenten Erdogan, Bundeskanzlerin Merkel nannte das "bewusst verletzend". Ob sie das durfte, entscheidet nun das Berliner Verwaltungsgericht.
Jan Böhmermann (Archiv)

Jan Böhmermann (Archiv)

Foto: Matthias Balk/ DPA

Nächste Runde im Streit um Jan Böhmermanns "Schmähgedicht": Rund drei Jahre, nachdem sich der TV-Entertainer über den türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan lustig machte, zieht Böhmermann gegen Angela Merkel vor Gericht. Die Bundeskanzlerin hatte die Verse als "bewusst verletzend" bezeichnet - nun soll das Verwaltungsgericht Berlin nach Informationen des "Tagesspiegel"  entscheiden, ob Merkel ihre kritische Einschätzung zurücknehmen muss.

Ein Gerichtssprecher bestätigte der Zeitung (Dienstagausgabe), eine entsprechende Unterlassungsklage Böhmermanns gegen das Bundeskanzleramt werde am 16. April verhandelt. Sollte die Klage im Hauptpunkt, der Unterlassung, abgewiesen werden, will Böhmermann hilfsweise feststellen lassen, dass Merkels veröffentlichte Bewertung rechtswidrig gewesen sei.

Böhmermann hatte das Schmähgedicht im März 2016 in seiner Satiresendung "Neo Magazin Royale" vorgetragen. Darin dichtete er dem türkischen Präsidenten Erdogan unter anderem Sex mit Tieren an und brachte ihn mit Kinderpornografie in Verbindung (den kompletten Text lesen Sie hier). Das löste eine diplomatische Krise zwischen Deutschland und der Türkei aus. Zusätzlich befeuert wurde die Debatte dadurch, dass Merkel über ihren Regierungssprecher Steffen Seibert erklären ließ, sie habe in einem Telefonat mit Erdogan übereingestimmt, dass die Satire "bewusst verletzend" gewesen sei.

In einem Schreiben an das Kanzleramt, das dem "Tagesspiegel" vorliegt, warf Böhmermanns Rechtsanwalt Christian Schertz Kanzlerin Merkel im Herbst 2017 vor, sie habe mit ihrer Kritik an dem Auftritt eine "juristische Bewertung des Werkes meines Mandanten vorgenommen, die einer Vorverurteilung gleichkommt" (Lesen Sie hier die juristische Einschätzung eines Medienrechts-Experten - und Schertz' Antwort darauf).

Dieses Verhalten sei rechtswidrig gewesen, da Merkel für eine solche Einordnung nicht zuständig gewesen und damals bereits ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Böhmermann wegen Beleidigung eingeleitet gewesen sei.

Wie zudem nach einer Auskunftsklage des "Tagesspiegel" gegen das Kanzleramt (OVG Berlin-Brandenburg, Az.: 6 S 9.17) feststehe, habe sich die Kanzlerin vorab allein über die Internetseite "bild.de" über das sogenannte Schmähgedicht informiert. Dort sei damals jedoch nur ein zusammengeschnittener und stark gekürzter Ausschnitt zu sehen gewesen.

mkl
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