Skandalkünstler vor Gericht Jonathan Meese bezeichnet Hitlergruß als Kunstaktion
Hamburg/Kassel - Jonathan Meese hatte mal wieder den Hitlergruß gemacht: Bei einem SPIEGEL-Gespräch an der Uni Kassel zum Thema "Größenwahn in der Kunstwelt" im Juni 2012 plauderte er fidel darüber, für welche Dinge im Leben er einstehe. Er forderte die "Diktatur der Kunst", und um seine Forderung zu unterstreichen, streckte er den rechten Arm in die Höhe. Das führte nun zu einem Gerichtstermin im Kasseler Amtsgericht, wo er am Donnerstag den verbotenen Hitlergruß zugab.
Zugleich machte er deutlich, dass es sich dabei um einen Teil einer Kunstaktion und nicht um seine private Meinung gehandelt habe; womit er sich auf die Kunstfreiheit bezieht - und die ist immerhin ein im Grundgesetz verbürgtes Grundrecht. "Ich würde doch nicht in einem Restaurant einen Hitlergruß zeigen, ich bin doch nicht bescheuert", sagte der ganz in schwarz gekleidete Künstler. Der 43-Jährige gilt als eine der provokantesten Figuren der gegenwärtigen Kunstszene in Deutschland.
Das Amtsgericht zeigte den Anwesenden bei der Verhandlung die 90-minütige Aufzeichnung des SPIEGEL-Gesprächs. Laut SPIEGEL-Redakteurin Marianne Wellershoff, die als Zeugin vor Gericht aussagen musste, hatte das Publikum bei der Filmvorführung im Gerichtssaal offenbar viel Spaß. Auf die Frage nach seinem Einkommen, habe Meese geantwortet, er verkaufe nur noch "tröpfchenweise" großflächige Gemälde, sagte Wellershoff.

Umstrittener Künstler Meese: Wo hört Kunst auf?
Am späten Nachmittag wurde das Verfahren - nicht zum ersten Mal - unterbrochen. Laut Wellershoff stellten Meeses Anwälte einen Befangenheitsantrag gegen die vorsitzende Richterin. Der mit der Prüfung des Antrags beauftragte Richter habe diesen jedoch abgelehnt. Daraufhin hätten die Verteidiger des Künstlers einen weiteren Befangenheitsantrag gestellt - gegen eben diesen Richter. Zur Begründung, so berichtet es Wellershof, hätten die Anwälte angeführt, der betreffende Richter hätte ihrem Mandanten zur Begrüßung nicht die Hand schütteln wollen; ein Zeichen dafür, dass der Richter Meese nicht neutral gegenüberstehe.
Vor dem Amtsgericht wird Meese das Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorgeworfen. Auch in Mannheim wird gegen Meese ermittelt, weil er bei einer Theateraufführung im Juni mehrmals den Hitlergruß gezeigt und eine Alien-Puppe mit einem Hakenkreuz beschmiert hatte.
Gegen 19 Uhr wurde die Verhandlung vertagt. Neuer Gerichtstermin ist der 29. Juli.