Kreative Verhörer "Schlaf in himmlischen Erbsen"
Zur Weihnachtszeit, zu Kerzenschein und Besinnlichkeit gehören Lieder. Am besten die ganz alten, seit der Kindheit vertrauten. Und die, die so oft im Radio gespielt werden. Die ehrwürdige Folklore mutiert allerdings schnell zu Dada, wenn einmal falsch verstandene Liedzeilen über die Jahre zur unhinterfragten Selbstverständlichkeit werden.
Corinne Haigh zum Beispiel sang das Lied "Silent Night", "Stille Nacht" anders als andere Leute. Bis sie mit ihrer Mädchen-Pfadfindergruppe von Tür zu Tür ging und die anderen sie auslachten. Haigh wünschte dem neugeborenen Jesuskind "Schlaf in himmlischen Erbsen" statt "Schlaf in himmlischer Ruh". Ein typischer Fall von verhört: "Heavenly Peace" klingt eben verdammt nach "Heavenly Peas", himmlischen Erbsen.
Haighs Geschichte steht auf der Internet-Seite "Kissthisguy", einer Datenbank für missverstandene Songtexte. Ein anderer Eintrag stammt von "Fredd". Auch Amerikaner singen "O Tannenbaum", Fredd hatte Schwierigkeiten mit dem deutschen Text. "O Time Bomb", O Zeitbombe, verstand er statt Tannenbaum. Seine Mutter habe den Irrtum erkannt. Ernüchtert habe er in der High School Spanisch als Fremdsprache gewählt und nur noch englischsprachige Lieder gesungen.
46 Jahre lang hat Tracy Hobbs Mutter den Klassiker "Winter Wonderland" von Bing Crosby falsch gesungen, Tracy 19 Jahre lang mit ihr. Harmlos klingt das Original: "Later on we'll conspire / as we sit by the fire. Die Verschwörung am Feuer das Verb "conspire", verwandelte sich bei den Hobbs zu "perspire" und damit zum kollektiven Schwitzen.
Seit über zehn Jahren sammelt "Kissthisguy" solche Verhörer und archiviert sie, nach Künstlern und Songs geordnet. Darunter sind nicht nur Weihnachtslieder. Jeder kann sein eigenes Pop-Missverständnis in die Datenbank einspeisen und kommentieren. Wer sich vom überholten Design der Seite nicht abschrecken lässt, kann über rund 3.800 Einträge schmunzeln. Sie werden sogar statistisch ausgewertet: Fast 24 Prozent der Nutzer überzeugten ihre Umgebung, dass ihre falsch verstandene Version die Richtige sei. Das Durchschnittsalter, in dem sie ihren Irrtum erkannten, liegt bei 23 Jahren.
Der Name der Seite, "kissthisguy.com" verweist selbst auf eine Fehlleistung. "'Scuse me while I kiss the sky singt Jimi Hendrix in seinem Song "Purple Haze "Entschuldige mich, während ich den Himmel küsse". Das klingt genau so wie "Excuse me while I kiss this guy" ("Entschuldige mich, während ich diesen Typen küsse").
Nicht nur Weihnachtslieder, auch Popsongs sind vor Fehlleistungen nicht sicher. Zum Beispiel der Burt-Bacharach-Song "I say a little Prayer: "While combing my hair now / and wondering what dress to wear now /...I say a little prayer for you.... " ("Ich kämme mein Haar / und überlege, was ich anziehen soll "). Statt "While combing my hair now" hörte jemand: "Walk home in my hair now" - ich gehe in mein Haar gehüllt nach Hause / und überlege, was ich anziehen soll."
Nirvanas Hit "Smells Like Teen Spirit" enthält die viel zitierte Textzeile "Here we are now, entertain us ("Hier sind wir, unterhaltet uns gefälligst!). Eine "Michelle" verstand sie als "Here we are now in containers (Hier sind wir in Containern). Lauryn Power berichtet von ihrer Version von Bob Dylans "Blowin" in the Wind". Als Zwölfjährige hörte Lauryn im Refrain: "The ants are my friends / they're blowin' in the wind / The ants are a-blowin' in the wind. "Die Ameisen sind meine Freunde / Sie wehen im Wind / Die Ameisen wehen im Wind." Dylan sang aber: "The answer, my friend / is blowin' in the wind / The answer is blowin' in the wind."
Pointe der Statistik: Fast 63 Prozent der Nutzer sagen, sie fänden ihren falsch verstandenen Liedtext besser als das Original.