Kritik an Werbung mit Kendall Jenner Trink Pepsi, alles wird gut

"You go Girl" - Jenner im Pepsi Clip
In der Welt von Pepsi spazieren Demonstranten - schwarze Tänzer, asiatische Musiker, muslimische Fotografinnen - sonnige Straßen entlang und treffen auf weitgehend unbewaffnete Polizisten. Ein Aufruf zur Einigkeit, das soll der neue Werbeclip des Getränkekonzerns mit Kendall Jenner in der Hauptrolle wohl sein. Einigkeit herrscht aber vor allem darüber, dass viele den Clip nicht mögen. Die Werbung wurde schnell zum Trending Topic auf Twitter: Viele teilten Bilder von Polizeigewalt gegen schwarze Menschen und schrieben: "Schnell, gebt ihnen eine Pepsi."
Am Mittwoch zog das US-Unternehmen den Werbeclip schließlich zurück. Der Spot sollte eigentlich eine "globale Botschaft der Einheit, des Friedens und des Verständnisses" übermitteln, teilte Pepsi mit. "Dieses Ziel haben wir ganz klar verfehlt, und wir entschuldigen uns dafür." Es sei keinesfalls die Absicht gewesen, "ein ernstes Problem auf die leichte Schulter zu nehmen".
Der Clip wird vor allem kritisiert, weil er sich offensichtlich an den Bildern und Momenten bedient, die in letzter Zeit die Proteste gegen Donald Trump produziert haben - etwa der Women`s March. Aber nicht nur der: Wenn Kendall Jenner im Clip einem Polizisten entgegentritt (und ihm lächelnd eine Dose Pepsi übergibt und danach kollektiver Jubel ausbricht), erinnert das an die Proteste gegen Polizeigewalt in Baton Rouge in Louisiana, als die Demonstrantin Leisha Evans zwei gepanzerten Polizisten entgegentrat:

Warum fällt die Kritik hier so besonders heftig aus? Dass eine Firma versucht, ein politisches Thema zu vereinnahmen, ist schließlich nichts Neues - schon 1971 bediente sich Coca Cola mit ihrem "hilltop"-Clip bei der amerikanischen Friedensbewegung. Und beim letzten Superbowl wurden drei Clips, die in der Halbzeitpause des Football-Events liefen, von den amerikanischen Medien für ihre politischen Botschaften eben gerade nicht kritisiert - sondern gelobt:
Der Budweiser-Clip "Born the Hard Way" erzählt die Geschichte von Firmengrüner Adolphus Bush, der als Migrant nach Amerika kam und ein Brauereiimperium aufbaute. Nur wenige Tage nach Donald Trumps "Immigrations-Ban" wurde der Clip positiv aufgenommen.
Auch Airbnb versuchte, ein Statement gegen die Politik Trumps zu setzten: Die Werbung des Unternehmens zeigt Nahaufnahmen von Gesichtern aus der ganzen Welt. Dass Airbnb immer wieder mit Vorwürfen konfrontiert wird, schwarze Nutzer zu diskriminieren, spielte bei der Bewertung der Beobachter keine Rolle.
Und der Clip von 84 Lumber, einer Firma für Holz, zeigte eine mexikanische Mutter und ihre Tochter auf dem beschwerlichen Weg Richtung US-Grenze. Am Ende stehen sie vor einer Mauer, die vielen Trump-Wählern wohl feuchte Träume bescheren würden. Die Mutter verzweifelt, aber die Tochter findet eine großes Holztor. Beide treten hindurch ins gelobte Land - der reichlich ideologische Slogan "Der Wille zum Erfolg ist immer Willkommen" erscheint. Ein paar Tage nach den Begeisterungsstürmen erklärte die Firma zwar, der Clip sei gar nicht Trump-kritisch gemeint gewesen - aber diese Klarstellung nahm kaum einer mehr wahr.

Natürlich wollen auch die Clips von Budweiser, Airbnb und 84 Lumber nur die eigenen Produkte verkaufen, das eigene Image aufbessern - ebenso wie Pepsi mit dem Jenner-Clip. Dass die erstgenannten dafür nicht abgestraft wurden, hat damit zu tun, dass sie klug genug waren, emotionale Geschichten zu erzählen und die eigene Marke bei ihren Diversity-Werbungen im Hintergrund zu halten; die Firmennamen etwa erst am Ende einblendeten.
Der Pepsi-Clip gab sich hingegen nicht mal die Mühe, über das plumpe ästhetische Zitat des Protests hinauszugehen; so tragen sämtliche Demonstranten auf ihren Schildern längst austauschbare Zeichen der Rebellion ("Love" steht auf einem Schild, "Peace" auf einem anderen, auf einem dritten "Join the conversation"). Gleichzeitig halten die Protagonisten permanent Pepsi-Dosen in der Hand.
Insofern hat es Pepsi seinen Kritikern sehr einfach gemacht. Worüber man sich ja auch irgendwie freuen darf. Denn wenn schon politische Botschaften zu kommerziellen Zwecken vereinnahmt werden, dann am liebsten so, dass es wirklich jeder erkennt.