Mark-Zuckerberg-Karikatur Antisemitismus-Vorwurf gegen "Süddeutsche Zeitung"

Facebook-Chef Mark Zuckerberg als Datenkrake mit Hakennase? Das Wiesenthal-Zentrum hat eine Karikatur der "Süddeutschen Zeitung" als tendenziell antisemitisch kritisiert. Der Zeichner bedauert das "Missverständnis".

Hamburg/Jerusalem - Die Karikatur in der "Süddeutschen Zeitung" vom Freitag zeigt eine Krake, die mit ihren Fangarmen Laptops und Computer umschlingt, auf ihrer Stirn klebt das Logo-"F" von Facebook, und einer der Fangarme hat sich gerade das "Whatsapp"-Logo gegriffen. Die Krake trägt das Gesicht eines Mannes mit kräuseligen Haaren und einer großen Nase. Offensichtlich hatte Zeichner Burkhard Mohr den Facebook-Chef Mark Zuckerberg vor Augen, als er die Übernahme des Nachrichten-Austauschprogramms Whatsapp durch Facebook mit dieser Tentakel-Darstellung karikierte.

Das Simon Wiesenthal-Zentrum in Israel hat die "Süddeutsche Zeitung" wegen der Zeichnung scharf kritisiert. "Ohne Zweifel riecht diese Karikatur nach Antisemitismus", sagte der Leiter Efraim Zuroff am Dienstag. "Das ist einfach klassisch: Der Jude will die Kontrolle der ganzen Welt an sich reißen." Tatsächlich hat die Kraken-Metapher durchaus eine antisemitische Tradition. 1938 etwa ließ eine Karikatur der NSDAP-Zeitung "Der Stürmer" eine mit einem Davidstern markierte Krake die Welt umschlingen.

Ausriss aus der "Süddeutsche Zeitung" vom 21. Februar 2014: Jüdische Hakennasen-Krake greift sich die Datenwelt?

Ausriss aus der "Süddeutsche Zeitung" vom 21. Februar 2014: Jüdische Hakennasen-Krake greift sich die Datenwelt?

Foto: Burkhard Mohr/ Süddeutsche Zeitung

Eine "SZ"-Sprecherin erklärte, die kritisierte Karikatur sei in der Ausgabe vom Freitag nur in einem kleinen Teil der Fernauflage erschienen. Der Karikaturist Burkhard Mohr sagte, er sei "erschüttert, dass eine meiner Karikaturen nun in diesem Licht erschienen ist".

Mit der übergroß karikierten Nase des aus einer jüdischen Familie stammenden Zuckerberg erinnert die "SZ"-Karikatur zudem an Nazi-Darstellungen des "ewigen Juden" mit Hakennase.

"Dass die Tentakel wie Schläfenlocken wirken, mag auf hypersensible Gemüter irritierend wirken", glossierte die "Titanic" in einer Kolumne unter dem Titel "Krake Juda" . "Die Augen voller Heimtücke und der Mund in böser Freude aufgeworfen: das muß allerdings drin sein, will einer die Wirklichkeit zur Kenntlichkeit entstellen, und diese Wirklichkeit hat nun einmal der Jude Zuckerberg unter seine Kontrolle gebracht".

Mehrere israelische Medien berichteten bereits über die Zuckerberg-Karikatur, das Zweite Israelische Fernsehen fragte auf seiner Webseite: "Antisemitismus in Deutschland?"

Er empfinde die als schockierend, sagte Zuroff vom Wiesenthal-Zentrum. "Zuckerberg hat gar keine große Nase, aber in der Karikatur ist sie sehr betont. Es ist klar, dass der Zeichner betonen wollte, dass Zuckerberg Jude ist."

Der Karikaturist bedauert das "Missverständnis"

Inzwischen hat auch den Karikaturisten offensichtlich die Einsicht ereilt, dass seine Zeichnung gewisse antisemitische Klischees auf sich vereint: In der auf seiner Website dargestellten Version der Karikatur  ist das grinsende Hakennasen-Gesicht zugunsten eines blauen Bildschirms wegretuschiert worden. Mohr erklärte, er habe "eine überspitzte Zeichnung Mark Zuckerbergs in Kombination mit der Krake aus dem Film 'Fluch der Karibik' dargestellt". Ihm sei nicht aufgefallen, dass dies "wie eine antijüdische Hetz-Zeichnung aussieht". Es tue ihm sehr leid, "dass es zu diesem Missverständnis gekommen ist und ich womöglich die Gefühle von Teilen der Leserschaft mit meiner Zeichnung verletzt habe".

Die "Süddeutsche Zeitung" war bereits im vergangenen Jahr wegen der Veröffentlichung einer Karikatur in die Kritik geraten, die Israel als gefräßiges Monster darstellte.

twi/dpa
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