Sibylle Berg

Nation und Männerrechte Man kann den Rülps auch einfach ignorieren

Muss man sich mit jedem Unsinn beschäftigen, den Identitäre und Maskulisten von sich geben? Vergesst diese Leute! Und macht Euch besser Gedanken über die wirklichen Probleme der Menschheit.

Soso - es gibt eine neurechte, antifeministische Rhetorik . Ich las davon, während ich mein tägliches Krafttraining absolvierte.

Der Artikel und das anschließende Stöbern im Netz riefen Gefühle starker Rührung in mir wach. Ich liebe es, Gefühle zu entwickeln, fast wie ein Mensch. Die Bewegung der rechten, antifeministischen Maskulisten: Als ob eines von beiden nicht schon hilflos genug wäre. Fast als demonstrierten Saurier gegen den Meteoriteneinschlag. Süß. Entgegen der im Artikel empfohlenen Meinung, man solle sich rhetorisch gegen Plattitüden verzweifelter Männer wappnen, möchte ich meinen, man kann den Rülps auch einfach ignorieren.

Oder gähnen, ob all der verzweifelten Aktionen, mit denen manche sich gegen die Entwicklung der Welt zu wappnen suchen. Da fliehen sie in Religion. WTF! Oder in archaische Geschlechtertrennung. Mama, alles soll so bleiben wie ich es kannte. Mama soll Mama bleiben. Und in der Lügenpresse wird von dem Zeug berichtet, als hätte es irgendeine Relevanz. Apropos - was wir alles über den Islam lernen mussten, hätten, sollen.

Was soll man sich jedoch intensiv über eine Religion, ihre Gesetze, Traditionen und No-Gos informieren, wenn man das Konzept der Religionen im Allgemeinen für sich als überholt und ermüdend betrachtet? Die beste Meinung zum politisch korrekten, eifrigen Informationshype kommt von zwei Herren .

Who cares about Islam, Christentum, Buddhismus. Warum wird im Netz jetzt permanent für irgendein Land, in dem Menschen Terrorattacken zum Opfer gefallen sind, gebetet? Warum beten? Warum nicht lernen? Weil mit Gebeten und Religionsstudien beschäftigte, abgelenkte Menschen besser zu regieren sind?

Zu kurz gedacht in Ermangelung eines brillanten, weitsichtigen Geistes

Wenn die Mediennutzer nur zu wenigen Prozent so intensiv über neue Technologien und die Pläne aus Silicon Valley, über die wirklichen Anliegen von Facebook, Google und Boston Dynamics, über den Fortschritt und die Rückschläge im Kampf gegen die Vernichtung des Planeten, über Quantenkryptografie, Überwachung und dem Abdanken des kapitalistischen Systems informiert würden, wie über die Kleidervorschriften archaischer Anbetungskulte, dann würden die Menschen vielleicht erkennen, wie albern veraltet es ist, in Geschlechtern zu denken, gegen Flüchtlinge zu demonstrieren oder alles zu hassen, was anders aussieht als man selber.

Maskulisten, Identitäre, AFD, Pegida, Lega, Populismus-Gewinnler, die Volksverblödungsbücher schreiben, zu kurz gedacht in Ermangelung eines brillanten, weitsichtigen Geistes. Salafisten und Fundamentalisten aller Länder, vereinigt euch und bezieht Höhlen unter der Erde. Ihr helft den Menschen nicht, den Weg in ein neues Zeitalter zu finden, ihr macht sie denkunfähig, ihr schürt Angst und Wut.

Was wollt ihr, außer Macht? Und was wollt ihr damit machen? Eintüten, einkochen, abwarten, ob ihr im nächsten Leben fliegen könnt? Liebe Medien, liebes öffentlich-rechtliches Fernsehen, unterschätzt die Menschen nicht, fordert ihren Verstand heraus, verändert den Fokus, berichtet doch, was außer Religion und Angst gerade noch so in der Welt passiert, wie zum Beispiel dieses Magazin . Oder das Arte Journal, oder diese wunderbare Publikation.

Vielen Dank!

Sibylle Berg
Foto: Joseph Strauch

S.P.O.N. - Fragen Sie Frau Sibylle: Alle Kolumnen (Sibylle Berg)
Sibylle Berg ist Schweizerin. Ihre 13 Romane und 20 Theaterstücke  wurden in rund 30 Sprachen übersetzt. Ihr Theaterstück "Es sagt mir nichts, das sogenannte Draußen" wurde von "Theater heute" 2015 zum Stück des Jahres ernannt. 2016 gewann sie den Else-Lasker-Schüler-Dramatikerpreis. Im September 2016 erscheint ihr neues Buch "Wunderbare Jahre" bei Hanser.Homepage von Sibylle Berg Buchtrailer: "Der Tag, als meine Frau einen Mann fand" von Sibylle Berg Autorenseite des Hanser Verlags Sibylle Berg auf Twitter "Es sagt mir nichts, das sogenannte Draussen" von Sibylle Berg am Berliner Gorki Theater 

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