MDR fällt auf Satire rein Aus "seid" und "seit" wird "seidt"

"Postillon"-Gründer Stefan Sichermann
Foto: Daniel Karmann/ picture alliance / dpaDer Mitteldeutsche Rundfunk (MDR) ist auf eine Meldung des Online-Satiremagazins "Der Postillon" hereingefallen: In einem Radiobeitrag über "20 Jahre Rechtschreibreform" behauptete der Sender, aus den Wörtern "seid" und "seit" werde zukünftig "seidt".
"Der Postillon" ist bekannt für seine satirischen Artikel im Stil von Zeitungsartikeln oder Agenturmeldungen. Die Betreiber nehmen sich dabei meist aktueller Themen aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft an.
Die Geschichten sind dabei recht offensichtlich fiktiv. Im Originalbeitrag ist die Meldung mit dem Kürzel "dpo" versehen - eine Nachrichtenagentur, die es gar nicht gibt. Auch das ist Satire, denn die Deutsche Presseagentur hat das Kürzel "dpa".
Den Redakteuren von MDR Info ist das offenbar nicht aufgefallen. "Die beiden Wörtchen seid und seit sollen ab dem neuen Schuljahr zusammengelegt werden in seidt, also hinten mit d und t", zitiert die MDR-Sprecherin die Postillon-Nachricht in der Sendung vom Montag. "Denn an der richtigen Verwendung von seid und seit scheiterten bisher 70 Prozent der Deutschen."
Auch letztere Information stammt vom "Postillon" und wurde ungeprüft übernommen. Die Satiriker rund um Gründer Stefan Sichermann freut das. Auf ihrer Facebookseite verbreiteten sie den Fehler des MDR. Innerhalb kurzer Zeit reagierten Nutzer tausendfach auf den Post:
Feedback: Der MDR hat unsere Meldung "Rechtschreibreform: Aus "seid" und "seit" wird einheitlich "seidt""...
Posted by Der Postillon on Tuesday, August 2, 2016
Der Nachrichtensender kann sich den Fauxpas offenbar selbst nicht erklären. "Wir prüfen, wie das passieren konnte", twitterte der MDR am Mittwoch:
Nun sind wir tatsächlich mal bei @Der_Postillon gelandet. Leider. Wir prüfen, wie das passieren konnte. https://t.co/eLQP9LxkNB
— MDR AKTUELL (@MDRAktuell) August 3, 2016
Eine Stunde später kam immerhin Selbstironie. Man arbeite gemeinsam mit dem "Postillon" an der Rechtschreibreform, hieß es auf Twitter:
„Wennschon, dennschon: @Der_Postillon“ pic.twitter.com/7C6mRsWJVy
— MDR (@mdrde) August 3, 2016
Eigentlich dürfte der "Postillon" dem MDR nicht unbekannt sein. Denn die Satire-Website hat eine Kooperation mit der Nord-Landesrundfunkanstalt der ARD. Im Jugendradiosender "NJoy" des NDR werden täglich "Postillon"-Hörfunknachrichten gesendet. Seit 2014 sendet der NDR die "Postillon 24 Nachrichten".
Von Kollegen der Medienbranche hagelt es nun Spott. In Branchendiensten wie "Turi 2", "Meedia" oder "Horizonte" wurde der MDR am Mittwoch für seine Recherche beim "Postillon" auf die Schippe genommen. Doch auch das trägt der Sender mit Fassung - und dankt für unterstützende Worte:
#Seidt Stunden kein Licht im Spott- und Häme-Tunnel, und nun das, Danke! :O) https://t.co/vXaBJIZ9xJ
— MDR (@mdrde) August 3, 2016
Der MDR hat die Sachlage inzwischen richtig gestellt. In einer Korrekturmeldung schildert der Sender, wie es zu dem Fehler kam: "Die Reporterin hatte die Information bei ihren Recherchen erhalten und leider nicht gegengeprüft." Die Meldung des "Postillon" sei der Reporterin zu dieser Zeit nicht bekannt gewesen.