Medienforum NRW Kraft für Werbefreiheit bei ARD und ZDF

Bestandsgarantie, aber bitte werbefrei: Kraft über die Zukunft der Öffentlich-Rechtlichen
Foto: Oliver Berg/ dpaKöln/Hamburg - Zum Auftakt des 23. Medienforums NRW hat sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) für ein werbefreies öffentlich-rechtliches Fernsehen eingesetzt. "Ich plädiere dafür, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk ab 2017 ganz ohne Werbung sendet", sagte Kraft am Montag in Köln. Sie sei überzeugt, das werde sein Profil schärfen. Eine solche Maßnahme würde sich auch stabilisierend auf die Rundfunkordnung auswirken.
Allerdings müsse die Finanzierung von ARD und ZDF gesichert sein. Das neue Gebührenmodell biete dafür vielleicht eine Chance. Von 2013 an muss fast jeder Haushalt eine Rundfunkabgabe zahlen, egal ob mit oder ohne Fernseher und Radio. Gleichzeitig gab Kraft eine Bestandsgarantie für ARD und ZDF. Die öffentlich-rechtlichen Sender hätten eine große Bedeutung, auch für die Demokratie.
Die WDR-Intendantin und ARD-Vorsitzende Monika Piel sagte dazu, sie habe kein Problem damit, wenn die Werbung irgendwann wegfallen sollte - unter der Voraussetzung, dass die Einnahmen dann kompensiert würden. "Sie müssen mich ja gar nicht katholisch machen, ich hänge ja gar nicht an der Werbung", sagte sie. Piel verwies darauf, dass ARD und ZDF lediglich 5,1 Prozent des gesamten TV-Werbemarktes abdeckten.
RTL-Chefin Anke Schäferkordt äußerte sich skeptisch: "Ich glaube es erst, wenn's passiert ist." Sie begrüßte aber die Initiative Krafts. Ein Wegfall der Werbezeiten bei ARD und ZDF trage zu "größerer Trennschärfe" zwischen privaten und öffentlich-rechtlichen Anbietern bei. Gerade in dem Zeitfenster, in dem ARD und ZDF TV-Werbung ausstrahlen dürften, würden diese ganz stark auf quotenträchtige Programme setzen.
Der Werbeexperte Prof. Sebastian Turner warnte dagegen, das "Geschenk der Werbefreiheit" könne ARD und ZDF auch schaden. Bisher müssten sie sich um ein möglichst attraktives Umfeld für die Werbung bemühen, weil von der Zuschauerzahl die Preise abhingen. Wenn man auf Werbung verzichte, falle diese Motivation weg.
"Sie sitzen in ihren Palästen und nehmen nicht wahr, was passiert"
Ministerpräsidentin Kraft betonte, dass die öffentlich-rechtlichen Sender unbedingt ihre Akzeptanz bei den jungen Zuschauern verbessern müssten. Dafür böte sich vielleicht ein Jugendkanal an, vielleicht auch eine eigenständige Online-Plattform. Medienkompetenz habe für sie die gleiche Bedeutung wie Bildung, stellte Kraft klar. In beiden Bereichen müssten die Weichen schon in früher Jugend gestellt werden müssen.
Auf der anschließenden Podiumsdiskussion sorgte der Journalist und Blogger Richard Gutjahr für Aufregung, Er verglich die Verantwortlichen in den großen Sendern mit Machthabern in arabischen Ländern: "Sie sitzen in ihren Palästen und nehmen nicht wahr, was um sie herum passiert" So würden Anwendungen wie Facebook und Twitter zu wenig in die journalistische Arbeit einfließen.
Monika Piel sprach von einer "dummen Anmaßung" und verwies auf die permanente Kritik von Zeitungsverlegern am Web-Angebot der öffentlich-rechtlichen Anbieter.
Der Präsident des Privatsender-Verbands VPRT, Jürgen Doetz, wehrte sich ebenfalls gegen Gutjahrs Kritik. Ihm kämen Veranstaltungen wie die prominente Bloggerkonferenz re:publica mitunter "fast faschistoid" vor, weil sie vorschreiben wollten, welcher Freiheitsbegriff gelten solle. Gutjahr stellte klar, dass er niemanden persönlich beleidigen wollte.
Das Medienforum steht unter dem Motto "Von Medien, Macht und Menschen." Bis Mittwoch stehen in Köln über 70 Panels und rund 250 Referenden auf dem Programm.