Monty-Python-Biografie Und nun zu etwas ganz anderem...

Britischer Humor hat es nicht immer leicht - noch nicht einmal in Großbritannien: Bevor die Mitglieder der Comedy-Truppe Monty Python zu Ikonen des gehobenen Hintersinns wurden, mussten sie Stehvermögen beweisen. Die erste Biografie von John Cleese und Co. berichtet detailliert von den Mühen, gezielt verrückt zu sein.

Wer es schafft, den professionellen Griesgram und Stinkstiefel Van Morrison zum Lachen zu bringen, muss schon einiges vorzuweisen haben. Dem britischen Komiker-Granden Spike Milligan gelang dies nachweislich, wobei sich der launische Souljazzer Morrison sogar eine rote Clownsnase aufsetzen ließ. Shocking indeed.

Nun war Milligan (Jahrgang 1918) zwar zeitlebens kein Mitglied der legendären Komikertruppe Monty Python, aber immerhin deren großes Vorbild. Ohne Milligans legendäre "Goon Show" im britischen Radio der fünfziger Jahre hätten John Cleese, Michael Palin, Terry Gilliam, Terry Jones, Eric Idle und - der inzwischen verstorbene - Graham Chapman sicher nie das gestartet, was als "Monty Python's Flying Circus" zur ureigenen Komik-Marke wurde. Zunächst aber mussten sie sich von ihrer nahezu religiösen Verehrung für den eigentlichen Schöpfer des britischen Neuzeit-Humors befreien - um dann die europäische Comedy-Welt auf den Kopf zu stellen.

Den langen und anstrengenden Weg zur Alleinstellung in Sachen Brit-Fun haben die Pythons nun selbst dokumentiert. Allerdings nicht mit einer differenzierenden, gewichtenden Abhandlung über die Techniken des Lachen-Machens, sondern als opulentes Konvolut von Interviews, Tagebuchnotizen, Gedankenfetzen sowie zahlreichen Fotos und Cartoons, gesammelt und zusammengestellt vom englischen Autor Bob McCabe. Ohne Kommentare, alles im Originaltext - weshalb man das Ganze nur mit viel gutem Willen als "Autobiografie" der Pythons bezeichnen kann. Die sanfte, ordnende Hand war hier zweifellos die eines devoten Fans. Aber bei einem Team, das einen Sketch über das "Ministerium für verrückte Gang-Arten" erfand, ist solcherart Ergebenheit eine lässliche Sünde.

Allein die Vorstellung, wie viel Zeit und Ausdauer nötig sein mögen, um ein Team von so unterschiedlichen und eigenwilligen Köpfen rein organisatorisch in eine Arbeitseinheit umzuformen, ist schwierig genug. Der prominenteste Python, John Cleese, war zu Beginn der Monty-Ära schon Schauspieler und erfahren im Umgang mit anderen Kreativen - aber noch längst keine Berühmtheit. Auch für viele Engländer wurde er erst später, als Hotelbesitzer Basil Fawlty in der TV-Serie "Fawlty Towers" zum Star. Die Arbeit in einer solchen "Autorenkommune" (Eric Idle) stellte erheblich andere Anforderungen, als nur zu spielen.

"Wir waren nie große Theoretiker", sagt Cleese, "unsere Richtung entdeckten wir quasi, indem wir uns hinsetzten und schauten, was nach einer Arbeitssitzung auf unseren Zetteln stand. Die zweite Phase bestand darin, dass wir uns alle in einem Raum zusammensetzten und nicht nur drei Minuten witziges Material schrieben, sondern die fertigen Dreiminüter sinnvoll aneinander reihten. Es war ein Gefühl enormer Befreiung, ein Energieschub, als man die einengenden Mauern durchbrach und plötzlich entdeckte, welche Möglichkeiten sich ringsherum boten."

Sein Kollege Michael Palin erinnerte sich in einem Tagebucheintrag vom 11. Mai 1969: "Wir brauchen eine bessere Organisation. Bei sechs Leuten, die diese Show planen und schreiben, scheinen achtzig Prozent der Zeit allein damit zu vergehen, sich auf einen Ort für ein Treffen zu einigen".

Noch bevor die erste Folge der Monty-Python-Serie in der BBC gesendet werden sollte, hätte man sich fast über einen Gag zerstritten, bei dem es um ein Schaf als Kandelaber ging: "Beschissene Idee ein Schaf, das MUSS eine Ziege sein!" ereiferten sich die Komiker. Auch der berühmte Dialog in der Tierhandlung ("Der Papagei ist tot!") ging aus heftiger Kontroverse (Hund oder Papagei?) hervor. Wer solche tief gehenden Zerwürfnisse übersteht, ist danach für alles gerüstet.

"Es gab gelegentlich heftige Auseinandersetzungen, aber seltsamerweise ging es dabei immer um das Material, nie darum, wer darin welche Rolle spielen sollte. Als Schauspieler wussten wir instinktiv, wer was am besten umsetzen konnte (...) Es spielte keine Rolle, wer die Lacher bekam. Aber es gab lautstarke Auseinandersetzungen über die Sketche", erzählt John Cleese.

Der Name "Monty Python's Flying Circus" für die Show-Serie entstand erst 1969 kurz vor Drehbeginn bei einer der letzten Besprechungen in Cleeses damaliger Wohnung in der Basil Street in Kensington. Bei der BBC zuckten die Redakteure ob des obskuren Titels zwar etwas verständnislos mit den Schultern, aber das Vertrauen von Barry Took, dem damals gerade frisch installierten "Head of Comedy" bei der BBC, war auf ihrer Seite. Der Rest ist Fernseh- und Humorhistorie.

Für den Erfolg des Formats musste beim Sender jedoch hart gekämpft werden. Die ersten Sketche im Studio nahm ein bunt zusammen gewürfeltes Publikum eher verhalten auf - viele der angereisten, meist älteren BBC-Touristen waren mit der Humor-Avantgarde der Pythons schlicht überfordert. Das stellte auch die TV-Oberen vor Probleme: Wer braucht Comedy, über die keiner lacht? Der Start der Show wurde wieder und wieder verschoben, der Glaube an das geniale Potenzial der Truppe bröckelte. "Gebt uns wenigstens ein jüngeres Publikum!", forderte Cleese. Als der "Flying Circus" dann im Herbst 1969 endlich im britischen Fernsehen abhob, festigte sich der Sendeplatz zusammen mit der Publikumsresonanz dennoch relativ schnell.

"Die Reaktion auf die Show war sehr seltsam, sie war wirklich kein Triumph. Ich spielte damals jeden Sonntag im Hyde Park Fußball, und die anderen Spieler meinten, 'Deine Show war ja ziemlich schräg'. Später hieß es dann: 'Das war echt schräg, aber mir hat's gefallen.' Und dann: 'Die ist ziemlich gut, diese schräge Show.' Die Reaktionen wurden immer positiver, je mehr sie sich in die Sendung hineinfanden", erklärt Eric Idle den sich langsam entwickelnden Erfolg. 45 Shows brachte die Truppe schließlich heraus, dazu fünf Kinofilme und zwölf Langspielplatten.

Es ist kaum denkbar, mehr Material über dieses Comedy-Phänomen in sinnfälliger Form zusammen zu stellen, wie es mit "Python über Python" geschehen ist. Das klotzige Buch - es sollte beim Lesen auf dem Tisch liegen, Bettlektüre ist nur was für Gewichtheber - macht vor allem eine Menge Spaß. Die Fülle der Details, die alle beteiligten Künstler beisteuerten, wird ergebene Fans entzücken und Neulinge mit Grundwissen ausstatten, das sie für jeden Party-Smalltalk bestens rüstet.


"Python über Python - Die Autobiografie von Monty Python", Hannibal Verlag, Planegg 2004. 362 Seiten mit zahlreichen Illustrationen; 55 Euro

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