Kunstfund in München Staatsanwalt will Gurlitt Bilder schnell zurückgeben

Oberstaatsanwalt Nemetz (am 5.11.): Bilder könnten "unverzüglich zur Rücknahme angeboten werden"
Foto: Marc M¸ller/ dpaAugsburg/Hamburg - Die Staatsanwaltschaft Augsburg will dem Kunstsammler Cornelius Gurlitt die Bilder, die im Februar 2012 in seiner Wohnung beschlagnahmt worden sind, so schnell wie möglich zurückgeben. Dabei geht es um die Kunstwerke, die nicht im Verdacht stehen, NS-Raubkunst zu sein und "zweifelsfrei im Eigentum des Beschuldigten stehen".
Diese sollen ihm "unverzüglich zur Rücknahme angeboten werden", teilte der Leitende Oberstaatsanwalt Reinhard Nemetz am Dienstag mit. Er forderte die eingesetzte Task-Force auf, ihn über die Herkunft der Bilder in Kenntnis zu setzen, wenn diese geklärt sei.
Gut eineinhalb Jahre lang hatten die Behörden, allen voran die Augsburger Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen und die spektakuläre Entdeckung geheim gehalten. Mehr als 1400 Kunstwerke von berühmten Malern wie Marc Chagall, Henri Matisse, August Rodin, Otto Dix, Max Liebermann, Conrad Felixmüller, Otto Griebel und Wilhelm Lachnit hatte die Staatsanwaltschaft damals beschlagnahmen lassen. Die Sensationsentdeckung wurde erst Anfang November bekannt.
Dass die insgesamt gut 1400 Bilder bisher unter Verschluss gehalten worden waren, hatte internationale Kritik ausgelöst.
Die Task-Force, eine Expertenrunde unter wissenschaftlicher Leitung des Diplom-Kunsthistorikers Uwe Hartmann, soll nun schnellstmöglich klären, woher die Kunstwerke aus dem Münchner Kunstfund stammen. Zehn Fachleute werden die Herkunft der Werke aus dem Schwabinger Kunstfund beleuchten. Forscher aus dem In- und Ausland sollen an der Task-Force mitwirken, ein Staatsanwalt - und zwei Experten der Jewish Claims Conference (JCC).
Nach bisherigen Erkenntnissen müssen rund 970 der etwa 1400 gefundenen Werke von den Experten überprüft werden. Mehr als 400 Bilder gehören dem Kunsthändlersohn Gurlitt nach bisherigen Kenntnissen wohl zu Recht. In einem am Wochenende veröffentlichten Interview des SPIEGEL hatte Gurlitt gesagt, er wolle alle Bilder behalten: "Freiwillig gebe ich nichts zurück."
Zuletzt war der Druck auf die Bundesregierung zum Handeln enorm gewachsen. Zahlreiche Museen, die US-Regierung und weitere Institutionen wie der Jüdische Weltkongress hatten ein transparenteres und zügigeres Vorgehen bei der Aufklärung der Herkunft der Werke sowie die Veröffentlichung einer Liste aller gefundenen Kunstwerke gefordert.
Man sei sich absolut bewusst, dass der Fall große Aufmerksamkeit erregt habe, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert. "Wir bemühen uns, dieser Verantwortung gerecht zu werden." Klarheit soll insbesondere die Lost-Art-Datenbank bringen, auf der mögliche NS-Raubkunstwerke veröffentlicht werden.

SPIEGEL-Titelgeschichte
Gespräche mit einem Phantom: Cornelius Gurlitt über das Geheimnis seiner Bilder
Digitaler SPIEGEL 47/2013:Gespräch mit Cornelius Gurlitt