Jubiläumsschau bei Frieder Burda Und jetzt mal Papa schockieren
"Ich komme von der Farbe, und ich bleibe bei der Farbe" - das sagt mit großer Bestimmtheit einer der wichtigsten deutschen Kunstsammler, dessen Kunststiftung heute eines der größten deutschen Privatmuseen unterhält: Frieder Burda, geboren 1936 als Sohn des Verlegerehepaars Franz sowie Aenne Burda, die mit ihren Schnittmustern den Kosmos des Weiblichen in der Nachkriegszeit um eine sehr patente Perspektive erweiterte.
Es war ein Ein-Schnitt der ganz besonderen Art, die Frieder Burda 1968 bei seinem ersten documenta-Besuch in Kassel zur Kunst brachte. Er kaufte einen Lucio Fontana, eine dreifach eingeschnittene rote Leinwand, auch um seinen Vater, der die Expressionisten liebte und kaufte, zu schockieren. Was ihm, wie er sagt, "leider" nicht gelang.
Was ihm hingegen gelang, war den Grundstein zu einer Sammlung zu legen, die heute mit rund 1000 Kunstwerken zu einer der umfangreichsten in Deutschland zählt. Hierzu gehören auch Werke deutscher Expressionisten - als Grundstock der Sammlung und Erinnerung an die Kindheit. Auch andere persönliche Lebensstationen Burdas lassen sich aus der Sammlung ablesen: Ein USA-Aufenthalt in den Siebzigern weckte Burdas Interesse für die abstrakten Expressionisten, ein Wohnsitz in Südfrankreich brachte ihm das Spätwerk Picassos näher, und zurück in Deutschland sammelte er vor allem die Malerei-Heroen Richter, Baselitz und Polke.
Vor genau 10 Jahren legte Burda schließlich den Grundstein für ein eigenes Museum an seinem Wohnort Baden-Baden. Mit Richard Meier fand er den passenden Architekten, dessen erster Entwurf gleich der richtige war, ein echtes "Masterpiece" - wie Burda sagt. Das fanden die Baden-Badener Bürger anfangs gar nicht, sie protestierten gegen den Fremdkörper in ihrem berühmten Lichtentaler Allee-Park. Heute allerdings gilt der lichte Bau als Juwel im Park, zu dem bislang zwei Millionen Besucher kamen.
Schwerpunkte und Konfrontationen
Grund genug zu feiern, natürlich mit einer Ausstellung. "40 I 10. 40 Jahre Sammlung - 10 Jahre Museum Frieder Burda" heißt sie, und gezeigt wird sie in Burdas Museum und in der benachbarten Kunsthalle. In der gesamten Schau steht immer die Malerei im Mittelpunkt - selbstverständlich für Burda und seine beiden Kuratoren Götz Adriani und Helmut Friedel.
Adriani, seit Langem dem Haus verbunden, inszeniert seine Auswahl im Museum "mit Schwerpunkten und Konfrontationen", so Adriani. Einer dieser Schwerpunkte ist im großen Saal des Hauses die Malerei Gerhard Richters aus rund 50 Jahren, weitere Arbeiten von ihm ziehen sich wie ein roter Faden durch die gesamte Ausstellung, immer in Bezug zu den Bildern anderer Künstler. Einen besonderen Raum erhält das Spätwerk von Picasso im Mezzanin.
Helmut Friedel, ehemaliger Lenbach-Haus-Direktor in München und seit Neuestem Intendant im Museum Burda, präsentiert seine Auswahl in der Kunsthalle. Er zeigt vor allem deutsche Positionen als Spiegel bundesrepublikanischer Kunstgeschichte, weil "in der Sammlung vor allem der Geist der frühen BRD vertreten ist, mit ihren Altlasten, aber vor allem mit ihrem Optimismus". Dazu zählt beispielsweise ein Neubeginn wie in den Fünfzigerjahren mit der Gruppe Zero, für die Weiß als Farbe einer neuen Stunde null in der Kunst stand.
In dieser Geschichte findet auch Baselitz' erdfarbener "Hirte" von 1966 seinen Platz, die mythische Gestalt in einer noch nicht verkehrten Welt, wie Baselitz sie später mit seinen umgedrehten Bildern praktiziert, die er quasi im Handumdrehen der figurativen Wahrnehmung entzieht. Vorgestellt mit "Majakowski" wird auch der großartige Maler Eugen Schönebeck, anfangs der engste Malerfreund von Baselitz, der schon bald die Kunst an den Nagel hing.
Eher unbekannt ist Richters frühes blautoniges "Schloss Schwanstein", auf dessen spitzen Zinnen dieser wieder einmal eine gekonnte Gratwanderung zwischen Abstraktion und Figuration austrägt. Sigmar Polke, Richters Genosse in der Künstlergruppe "Kapitalistischer Realismus" zwischen 1963 und 1966, ist mit vielen Arbeiten vertreten, darunter ist ein schwarzgrundiger "Rasterkopf".
Bis in die Gegenwart reicht die Sammlung, so kündet Neo Rauchs düsteres Interieur "Interview" von den dunklen Seelenräumen, die er mit Malerei ausleuchten will.
Burda selbst, inzwischen fast 80-jährig, ist ein Sammler, dem es um die Kunst geht, sympathisch, offen und ohne Verständnis für den heutigen Kunstmarkt und dessen Preise und Sammler. Ihm müsse zuerst ein Bild gefallen, sagt er, erst dann frage er sich, wer es gemalt hat. Schade, dass ihm so wenige Bilder aufgefallen sind, die von Frauen stammen.
Ausstellungsangaben:
Baden-Baden. Museum Frieder Burda und Staatliche Kunsthalle. 12.7.-26.10.