Musical-Premiere Komplexes "Dirty Dancing" in Hamburg

In Hamburg erlebte heute die Bühnenversion des Kultfilms "Dirty Dancing" Europapremiere. Das Musical umfasst 50 Songs - die Geschichte ist komplexer aufgebaut als in der Filmvorlage. Nach Angaben der Veranstalter wurden bereits vorab über 290.000 Karten verkauft.

Hamburg - Johnny stürmt in schwarzer Hose und Muskelshirt durch den Zuschauerraum auf die Bühne: "Mein Baby gehört zu mir, ist das klar?", ruft er den Eltern zu. Dann wird es still und dunkel, ein einziger Scheinwerfer ist auf Johnny und Baby gerichtet. Die Musik im Hamburger Musicaltheater Neue Flora setzt ein zum letzten Tanz von "Dirty Dancing", das am Sonntagabend dort seine Europapremiere erlebte.

Mehr als neun Millionen deutsche Zuschauer verfolgten 1987 den Film über die Liebesgeschichte zwischen Tanzlehrer Johnny und Arzttochter "Baby" Houseman. Jetzt können Fans die Geschichte noch einmal auf der Musicalbühne erleben. "Ich wollte, dass die Aufführungen in Europa in Hamburg beginnen", erklärte die amerikanische Autorin Eleanor Bergstein, die - inspiriert durch einen Urlaub mit ihren Eltern - "Dirty Dancing" erfand. Es solle ein Dank sein an das deutsche Publikum, dessen Begeisterung für die Geschichte größer gewesen sei als irgendwo sonst in Europa.

"Neben dem Tanz hat das Schauspiel bei 'Dirty Dancing' einen hohen Stellenwert", sagte Baby-Darstellerin Ina Trabesinger. Das Musical arbeitet den sozialen Konflikt zwischen dem Tanzlehrer und der Tochter aus besserem Haus in zusätzlichen Szenen stärker heraus. Sie streiten über ihre Einstellung gegenüber Engagement oder der Nutzlosigkeit von Eigeninitiative. Zudem sind die Hauptcharaktere, insbesondere die Mutter, stärker ausgebaut als im Film.

Kein Gesang - mitunter platter Humor

Im Gegensatz zum klassischen Musical schauspielern und tanzen die Darsteller in der Show nur, sie singen nicht. In einigen Szenen wirkt der Humor in der Handlung platt. Hinzu kommen schauspielerische Unsicherheiten, die dem kompletten Ensemble noch anzumerken sind, die aber mit der Routine und mehr Erfahrung verschwinden sollten. Die Musik dagegen ist mitreißend. Über 50 Hits wie "The Time Of My Life" werden von einer Band live spielt. Unter ihnen sind auch eigens für die Bühnenversion hinzugefügte Lieder aus den Sechzigern und Achtzigern.

Um Kellerman's Ferienclub auferstehen zu lassen, wurde eine aufwendige Drehbühnenkonstruktion entwickelt und der Orchestergraben verschwand. So können die einzelnen Szenen nahtlos und ohne Vorhang ineinander übergehen: Vom Ballsaal für die Hotelgäste, wo sich Baby mit ihren Eltern und ihrer älteren Schwester Lisa zunächst langweilt, bis zum Aufenthaltsraum der Angestellten, wo sie die aufregende Welt der Tänzer entdeckt, die sich in ihrer Freizeit lieber mit heißen Mambo- und Merengue-Rhythmen vergnügen statt mit langweiligen Rumba- und Cha-Cha-Cha-Takten. Riesige Videoleinwände sollen mal einen Wasserfall, mal den See symbolisieren, in dem Johnny und Baby heimlich ihre Tanzschritte und Hebefiguren probieren. Auch ein nachgebauter Chevrolet darf natürlich nicht fehlen.

Mambo-Boom in den Achtzigern

Die Farbe des Musicals ist rosa. Viele der bunten Kostüme, die teils als Originalstücke der sechziger Jahre aus Hamburger und Londoner Second-Hand-Läden stammen, tragen die Farbe und zahlreiche Scheinwerfer tauchen die Bühne und das Publikum bei der berühmten Hebefigur am Schluss in pinkfarbenes Licht.

Die Geschichte spielt 1963, dem Jahr als die erste Disco in den USA eröffnet wurde und Martin Luther King seine berühmte Rede "I have a dream" hielt. Während eines Familienurlaubs verlieben sich die Arzttochter Baby und der Tanzlehrer Johnny. Der Film mit Jennifer Grey und Patrick Swayze wurde über Nacht zum Welterfolg und löste in den Tanzschulen einen Mambo- und Merengue-Boom aus.

Das Musical feierte schon in Australien große Erfolge, wo es in Sidney im November 2004 uraufgeführt wurde. Ab Herbst wird die Bühnenversion auch in London zu sehen sein. In Hamburg spielen der Niederländer Martin van Bentem und die Österreicherin Ina Trabesinger die Hauptrollen.

Bisher sind rund 290.000 Karten für die Show verkauft. "Das ist der bisher erfolgreichste Vorverkauf für uns in Deutschland überhaupt", sagte Britta Schnoor von Stage-Entertainment. "Dirty Dancing" löste nach mehr als zwei Jahren und etwa 1,1 Millionen Zuschauern das Musical "Tanz der Vampire" ab.

hda/AP/dpa

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