Naumanns Rücktritt Weinen muss man nicht...
Soll man jetzt weinen? Das muss nicht sein. Politik ist ein hartes, tränenloses Geschäft. Trotzdem ist ein herber Verlust zu beklagen. Denn Michael Naumann, Deutschlands erster Staatsminister für Kultur, hat sich in vorbildlicher Weise für die Künste engagiert. Er zettelte zahlreiche Diskussionen an, etwa zum Thema Filmförderung, oder mischte sich in laufende Debatten mit klugen und bedachten Worten ein - nicht mit Getöse oder Zeigefinger. Sein Einsatz für die Berliner Museumsinsel, für den Kauf der Sammlung Berggruen, für Oper und Orchester kann gar nicht hoch genug bewertet werden. Zudem besaß der Schröder-Zögling etwas, was Helmut Kohl und seinen politischen Mitstreitern meist fehlte: Feinsinn, Grandezza, Visionen. Deswegen war er ein Hoffnungsträger selbst für jene Intellektuellen, die aus guten Gründen die Tradition des Kulturförderalismus betonen.
Aber seien wir ehrlich: Irgendwie war Naumann, der vor zwei Jahren aus New York in den deutschen Kulturbetrieb hereinbrach und immer sehr staatstragend wirkte bei all seinen Auftritten und Ansprachen, doch stets überqualifiziert für diesen Job. Was wohl auch daran lag, dass er nie über so viel Macht verfügte, wie es seinem Gestaltungswillen entsprochen hätte.
Jetzt also scheidet der streitlustige Staatsminister für Kultur aus seinem Amt, macht sich vorzeitig aus dem Staub, um an anderer Wirkungsstätte weiterhin Feuilleton-Debatten anzuzetteln: als Mitherausgeber der "Zeit". Heute früh um neun Uhr hat Gerhard Schröder auf einer Pressekonferenz in Berlin Naumanns Demission zum Ende des Jahres bekannt gegeben. Er hat gesagt, dass er den Weggang von Michael Naumann sehr bedauert, ohne eine einzige Träne dabei zu vergießen. Er freut sich vielmehr über die schnelle Zusage von Münchens bisherigem Kulturreferent Julian Nida-Rümelin, der Naumann auf dem Posten des Kulturstaatsministers folgen wird. Zu Recht, denn Nida-Rümelin, den man außerhalb von München bislang kaum kennt, ist ja eigentlich Philosophie-Professor. Er kann sich also mindestens so eloquent artikulieren wie Naumann und wirkt zudem in seinem Auftreten ähnlich seriös. Gut so.