Nina Hoss Mädchentraum(a) überwunden

Das Etikett "Shooting-Star", das Nina Hoss nach ihrer TV-Hauptrolle in "Das Mädchen Rosemarie" angeheftet wurde, ließ die Schauspielerin in den weniger glamourösen Theater-Alltag flüchten. Im Interview mit SPIEGEL ONLINE erzählt Nina Hoss über ihre neue Rolle im Fernsehen, Dreharbeiten im Dschungel und ihr Verständnis von Erotik.
Von Andreas Kötter

Fast neun Millionen Zuschauer wollten 1996 "Das Mädchen Rosemarie", die Geschichte der legendären Prostituierten Nitribitt, im Fernsehen sehen. Das Mädchen Nina wollte erst mal niemanden sehen, feilte an ihrer Schauspielausbildung und arbeitet heute am Deutschen Theater in Berlin. Für "Die Geiseln von Costa Rica" (Pro Sieben, 27. Januar, 20.15 Uhr) kehrt Nina Hoss auf den Bildschirm zurück. Die 24-Jährige mimt Nicola Fleuchaus, die 1996 während eines Urlaubs entführt wurde und sich im Dschungel über 70 Tage in der Gewalt der Kidnapper befand.

SPIEGEL ONLINE: Wie gefährlich war es, im Dschungel zu drehen?

Hoss: Vor allem für die Techniker, die morgens als Erste in den Dschungel mussten, gab es Gefahren. Denen sind dann des öfteren extrem giftige Schlangen begegnet. Bei einem Dreh gab es aus heiterem Himmel ein heftiges Unwetter, wo ein herunterstürzender Ast unseren Kameramann verletzt hat.

SPIEGEL ONLINE: Wie haben Sie sich auf Ihre Rolle vorbereitet?

Hoss: Ich habe einige Bücher gelesen, unter anderem "Nachricht von einer Entführung" von Garcia Marquez und natürlich "Im Keller" von Jan Philipp Reemtsma. Ich wollte diese Emotionen verstehen können. So wie das sogenannte Stockholm-Syndrom, das besagt, dass sich Geiseln mit ihren Kidnappern solidarisieren. Reemtsma hat beispielsweise über seine Entführung geschrieben: "Plötzlich freute ich mich wie ein Kind über ein Lächeln des Kidnappers."

SPIEGEL ONLINE: Haben Sie Nicola Fleuchaus kennen gelernt?

Hoss: Wir konnten miteinander telefonieren, was mir sehr wichtig war. Ich wollte unbedingt mehr über die Emotionen erfahren, darüber wie sich der Alltag zweier weiblicher Geiseln in Gesellschaft von fünf männlichen Kidnappern entwickelt, wie man sich wäscht, die Zähne putzt, zur Toilette geht, und so weiter.

SPIEGEL ONLINE: Sie sind nach dem Erfolg mit "Das Mädchen Rosemarie" ans Theater zurückgekehrt. Sie haben aber auch erklärt, dass die spannenderen Dinge momentan im Fernsehen geschehen...

Hoss: So habe ich das nicht gesagt, ich finde vielmehr, dass in beiden Bereichen unbedingt etwas passieren muss.

SPIEGEL ONLINE: Was vermissen Sie im deutschen Theater und im deutschen Film?

Hoss: Im Theater tut sich bereits etwas, zumindest in Berlin. Dort finde ich sehr spannend, was an der Schaubühne vor sich geht - sowohl thematisch als auch das Projekt, Schauspiel und Tanz zu kombinieren. In Film und Fernsehen fehlt es nicht an guten Themen, sondern schlicht an der Umsetzung. Einen eigenen Stil, wie ihn die Engländer haben oder auch die Dänen mit ihrer Dogma-Bewegung, haben wir noch nicht gefunden. Dabei gäbe es genug zu erzählen, etwa über das Zusammenkommen von Ost und West.

SPIEGEL ONLINE: Beschäftigt es Sie, dass ein Lifestyle-Magazin Sie kürzlich neben internationalen Stars wie Jennifer Lopez oder Laetitia Casta zu einer der 50 erotischsten Frauen gekürt hat?

Hoss: Solange ich nicht das Gefühl habe, dass ich nur als erotisches Vollweib wahrgenommen werde, halte ich das für ein Kompliment. Ich hätte etwas dagegen, wenn man mir nur noch Rollen als Sexsymbol anbieten würde.

SPIEGEL ONLINE: Was macht für Sie Erotik aus?

Hoss: Bei einer Frau zeigt sich für mich Erotik, wenn sie weiß, was sie will, wenn sie weiß, wie sie ihren Körper einsetzen kann. Sie muss gar nicht hübsch aussehen. Und mollige Frauen, die zu ihrem Körper stehen, finde ich hoch erotisch.

SPIEGEL ONLINE: ...und bei einem Mann?

Hoss:...geht es mir ähnlich. Wenn ich merke, da sitzt mir jemand gegenüber, den ich fordern und mit dem ich mich auseinander setzen kann, dann ist das für mich Erotik.

SPIEGEL ONLINE: Wie kommen Sie grundsätzlich mit den Medien zurecht?

Hoss: Eigentlich gut. Allerdings hat kürzlich eine TV-Zeitschrift mit mir getitelt: "Neue Karriere der Filmhure". Da wird mir dann schon schlecht, und ich frage mich, warum so etwas sein muss. Schließlich schmeiße ich privat auch nicht mit solchen Worten um mich.

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