Neues Mediengesetz in Polen Regierungsnaher Journalist zum TV-Chef ernannt

Seit Freitag gilt in Polen das umstrittene Mediengesetz und hat bereits Folgen: Mit Jacek Kurski ist ein Journalist, der auch als Politiker für die Regierungspartei tätig ist, zum neuen Chef des öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders TVP berufen worden.
Neuer Chef von Fernsehsender TVP: Der PiS-Politiker Jacek Kurski (rechts)

Neuer Chef von Fernsehsender TVP: Der PiS-Politiker Jacek Kurski (rechts)

Foto: Jacek Turczyk/ dpa

Polens Schatzminister Dawid Jackiewicz hat ohne Verzögerung von seinem neuen Recht Gebrauch gemacht, Führungspositionen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu besetzen: Der nationalkonservative Politiker und Journalist Jacek Kurski ist neuer Chef des Fernsehsenders TVP. Jackiewicz nutzte am Freitag das am selben Tag in Kraft getretene neue Mediengesetz, um den PiS-Politiker in das Amt zu heben. Auch andere Führungsposten im öffentlich-rechtlichen Rundfunk und Fernsehen wurden neu besetzt.

Das Mediengesetz wird unter anderem von Journalistenorganisationen und Menschenrechtsgruppen scharf kritisiert. Es ermöglicht der Regierung, Spitzenposten in den öffentlich-rechtlichen Medien zu besetzen. Ein Medienrat mit Vertretern des nationalkonservativen Präsidenten und des Parlaments, in dem die Nationalkonservativen die absolute Mehrheit haben, ersetzt die bisherigen Kontrollgremien. Für Samstag wurde in mehr als einem Dutzend Städten zu Demonstrationen gegen das Mediengesetz aufgerufen.

Kurski sei eine "Garantie für die Rückkehr des Gleichgewichts in den öffentlich-rechtlichen Medien", sagte Jackiewicz. "Das Fernsehen benötigt sachlichen, objektiven Journalismus." Journalisten, die diese Standards nicht einhielten, könnten "beunruhigt sein".

"Nicht einmal der Anfang vom Ende"

Der bisherige Fernsehchef Janusz Daszczynski, erst seit wenigen Monaten im Amt, hatte sich bereits am Donnerstag von seinen Mitarbeitern verabschiedet. In einem offenen Brief, den die "Gazeta Wyborcza" am Freitag veröffentlichte, zitierte er den britischen Premierminister Winston Churchill mit den Worten: "Das ist nicht das Ende. Das ist nicht einmal der Anfang vom Ende." In seiner Abberufung sieht er "die Regeln eines demokratischen Staats" verletzt.

"Für Polen ist der Pluralismus der Medien und die Gesetzesherrschaft ein ebenso wichtiges Element der Politik wie für die EU", versicherte Europaminister Konrad Szymanski am Freitag nach einem Treffen mit Marzenna Guz-Vetter, der Leiterin der EU-Vertretung in Polen. Guz-Vetter betonte, Pluralismus der Medien sei einer der Grundwerte der EU. Die EU-Kommission habe die Pflicht, sich mit dem Schutz dieser Werte zu befassen

EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker hatte am Donnerstag ein Verfahren gegen Polen angekündigt, um die Rechtsstaatlichkeit der Gesetzesreformen der Warschauer Regierung zu überprüfen.

hpi/dpa
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