
Kunstprotest in Trier: Marx, Hitler und der Papst
Kirchenkritische Kunstaktion Heiliges Höschen, erhöre uns!
Trier - Ihr Spott gilt der sogenannten Heilig-Rock-Wallfahrt: In Trier haben Künstler die Feierlichkeiten rund um die Tuchreliquie auf die Schippe genommen. Als Parodie haben sie die "Heilige Unterhose" von Karl Marx ausgestellt. "Die Heilig-Hos'-Wallfahrt ist eröffnet", sagte der Initiator Helmut Schwickerath bei der Enthüllung des Kunstwerks am Samstag.
Das dreiflügelige Altar-Gebilde zeigt eine lange orange-braune Unterhose im Zentrum. Das Kunstwerk solle "ein provozierendes Gegenstück" zum Heiligen Rock sein. Es steht in einem Schaufenster unweit des Trierer Karl-Marx-Hauses, eines dem Philosophen gewidmeten Museums. Der Gesellschaftstheoretiker wurde im Jahr 1818 in Trier geboren, er starb 1883 in London.
Die Heilig-Rock-Wallfahrt ist am Freitag in Trier eröffnet worden. Im Fokus steht der sogenannte Heilige Rock - das Gewand, das Jesus Christus bei seiner Kreuzigung getragen haben soll. Es ist erstmals seit 16 Jahren wieder zu sehen. Die katholische Kirche erwartet zu der Wallfahrt rund 500.000 Pilger. Der Legende nach hat die Heilige Helena die Reliquie der Trierer Kirche zum Geschenk gemacht. Rock-Wallfahrten gibt es in Trier seit 500 Jahren.
"Heiliger Karl, bitte für uns"
"Alles kann zur Reliquie werden, wenn man nur eine gute Legende erfindet", sagte Schwickerath. Er hat das Marx'sche Beinkleid in die Mitte eines "Triptychons" platziert. Links daneben ist die Haushälterin des Philosophen, Helena Demuth, abgebildet, rechts Linken-Politikerin Sahra Wagenknecht.
"Sie stellt die Evangelistin von Karl Marx dar", sagte Schwickerath. Bei "seiner" Reliquie werde auch Ablass gewährt. "Zehn Minuten Innehalten und drei Stoßgebete 'Heiliger Karl, bitte für uns' reichen", sagte er lachend.
Künstler Schwickerath hat sich für die Marx-Unterhose eine Legende zusammengedichtet: Haushälterin Demuth habe das gute Stück auf einer Reise von London in ihre saarländische Heimat mitgenommen, um es zu stopfen. Die Hose gelangte in die Hände ihres Schwagers und blieb lange verschollen - bis ein Forscher sie Ende des 20. Jahrhunderts bei dem letzten Überlebenden der Familie auf dem Speicher fand. "Überzeugend, oder?", sagte er schmunzelnd. Die Hose wird vier Wochen lang zu sehen sein.
"Papst trifft Hitler"
Vor der Unterhosen-Enthüllung hatten zwei Künstler zur Wallfahrt als Papst und Adolf Hitler verkleidet gegen die Verbindung von Kirche und Staat protestiert. Sie erinnerten mit ihren Kostümen auch an das 1933 zwischen der NS-Diktatur und dem Vatikan geschlossene Reichskonkordat. Kurzzeitig führten Polizisten die Künstler auf eine Wache, um deren Personalien festzustellen.
Bei ihrem Gang durch die Innenstadt stoppten sie vor dem Dom, der Porta Nigra und anderen Sehenswürdigkeiten, um Passanten und Pilger zu grüßen. Manche der wartenden Gläubigen kritisierten die Aktion, insgesamt verlief aber alles ohne nennenswerte Zwischenfälle.