Reich-Ranicki-Eklat Heidenreich geißelt Fernsehpreis als "hirnlose Scheiße"

Was der Literaturpapst kann, kann die Päpstin schon lange: Elke Heidenreich springt dem Fernsehpreis-Kritiker Marcel Reich-Ranicki mit einer Hasstirade gegen die ZDF-Show und das öffentlich-rechtliche Fernsehen zur Seite. "Von mir aus schmeißt mich jetzt raus", so die Moderatorin.

Hamburg/Frankfurt/Main - Auch Elke Heidenreich hatte keinen Spaß bei der zehnten Verleihung der Deutschen Fernsehpreise am Samstagabend in Köln. Erbost über den Umgang des ZDF mit dem 88-jährigen Literaturkritiker und Ehrenpreisträger, schrieb Heidenreich auf der Website der Frankfurter Allgemeinen Zeitung  (FAZ): "Ich dachte, was für eine Zumutung diese armselige, grottendumme Veranstaltung für ihn sein müsse." Die nominierten Filme und Serien seien in der Mehrzahl "jämmerlich". "Wie arm, wie verblödet, wie kulturlos, wie lächerlich" seien die dargebotenen Produkte und Arbeiten in der Mehrzahl, schimpfte die Moderatorin der populären ZDF-Sendung "Lesen!".

Reich-Ranicki, 88, hatte die Veranstaltung auf der Bühne kritisiert und das Kölner Coloneum danach sofort verlassen, ohne den ihm zugedachten Preis für das Lebenswerk. Die Trophäe nahm TV-Produzentin Katharina Trebitsch entgegen, später nahm Reich-Ranicki die Auszeichnung doch noch "symbolisch" an.

Empört ist Heidenreich, die im Publikum der Show saß, vor allem auch über den respektlosen Umgang mit dem 88-jährigen Großkritiker: "Ich dachte, was für eine Zumutung diese armselige, grottendumme Veranstaltung für ihn sein müsse. In jeder Hinsicht - einen so alten Mann lässt man nicht derart lange warten, und man mutet einem so intelligenten Mann nicht einen solchen stundenlangen Schwachsinn in hässlicher Kulisse zu."

Nach dem Abgang Reich-Ranickis sei die Show mit lockeren Sprüchen weitergegangen, schrieb die Journalistin und Kabarettistin: "Klar. Der Kritiker, der Spielverderber ist weg, nun ziehen wir unsere hirnlose Scheiße durch bis zum Schluss. Wo waren die Programmdirektoren und Intendanten in diesem Augenblick, warum kam keiner von ihnen auf die Bühne, um etwas zu sagen? Weil es verknöcherte Bürokarrieristen sind, die das Spontane längst verlernt haben, das Menschliche auch, Kultur schon sowieso." Das ZDF gehört zusammen mit der ARD, Sat.1 und RTL zu den Stiftern des Fernsehpreises; in diesem Jahr überträgt das ZDF die Gala (Sonntagabend, 20.15 Uhr).

"Man schämt sich, in so einem Sender überhaupt noch zu arbeiten. Von mir aus schmeißt mich jetzt raus, ich bin des Kampfes eh müde", schrieb Heidenreich weiter. "Ich schäme mich, ich entschuldige mich stellvertretend für alle Leidenden an diesen Zuständen, und derer sind auch in diesen verlotterten Sendern noch viele, bei Marcel Reich-Ranicki für diesen unwürdigen Abend."

Das ZDF gab auf Nachfrage zunächst keine Stellungnahme zu Heidenreichs Kritik ab. Der Beitrag sei ihm bislang nicht bekannt, sagte ein Sprecher laut dpa. Elke Heidenreichs nächste "Lesen!"-Sendung soll am 31. Oktober im ZDF zu sehen sein.

bor

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