Renommierter Journalist und Autor Martin E. Süskind ist tot
Hamburg/Köln - Es gibt Tageszeitungs-Chefredakteure, die viel Wind machen um ihre Ziele und doch nur das eigene Fortkommen im Auge haben. Und es gibt Tageszeitungs-Chefredakteure, wie es Martin E. Süskind einer war, der zwischen 1997 und 1999 den "Kölner Stadt-Anzeiger" leitete, dann von 1999 bis 2001 als Chefredakteur der "Berliner Zeitung" amtierte - und jetzt im Alter von 65 Jahren in Berlin gestorben ist.
Das Nassforsche, Auftrumpfende war nicht Süskinds Art, ihm ging es darum, was in der von ihm verantworteten Zeitung steht, nicht darum, selbst in der Zeitung zu stehen. Er hat dabei mehr Profil errungen, als mancher, der emsig an seinem Profil feilt.
Über sein eigenes Amtsverständnis sagte er in einem Dokumentarfilm von Herlinde Koelbl: "Eine qualitätsvolle Zeitung entsteht durch die Kreativität und den Mut und das Sich-nicht-einordnen-Lassen der Redakteure. Und der Chefredakteur muss dabei die Souveränität haben, sich zurückzulehnen."
Martin E. Süskind wurde 1944 in Ambach am Starnberger See geboren. Sein Vater war Wilhelm E. Süskind, ein Journalist, der das "Wörterbuch des Unmenschen" mitverfasst hat - heute ein Standardwerk. Sein Bruder ist Patrick Süskind, der Autor des Weltbestsellers "Das Parfüm".
Seine journalistische Karriere begann Süskind 1966 in den deutschen Büros der US-amerikanischen Nachrichtenagentur UPI. 1971 gründete er gemeinsam mit anderen Redakteuren in Bonn den Deutschen Depeschendienst (ddp). Zwei Jahre später wechselte er zur "Süddeutschen Zeitung" und war ab 1975 einige Jahre als Redenschreiber für den damaligen SPD-Chef und Ex-Kanzler Willy Brandt tätig. Eine gewisse Nähe zur SPD blieb: Für ein Buch porträtierte er Johannes Rau, später war er als Regierungssprecher Gerhard Schröders im Gespräch. Das allerdings lehnte er ab.
In den vergangenen Jahren arbeitete Süskind, der 1992 mit dem angesehenen Theodor-Wolff-Preis ausgezeichnet wurde, unter anderem als Drehbuchautor. Für das ZDF schrieb er die Serie "Kanzleramt". Bei deren öffentlicher Vorstellung konnte man ihn neben Stars wie Robert Atzorn erleben. Er stahl ihnen mit seinen zurückhaltend vorgetragenen und doch so pointierten Kommentaren zum Fernseh- und Politbetrieb beinahe die Schau.
Alfred Neven DuMont, als Vorsitzender des Aufsichtsrats bei M. DuMont Schauberg Süskinds Vorgesetzter beim "Kölner Stadt-Anzeiger" , würdigte den Verstorbenen als einen "Redakteur der alten Schule". "Durch seine feine und distanzierte Art" habe Süskind keine Feinde gehabt, "sondern nur Kollegen, die seine höfliche Art schätzten."
Es dürfte derzeit manche Tageszeitungen geben, deren Redakteure etwas anders über ihren Chef reden.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version dieses Artikels wurde behauptet, Süskind sei ab 1975 Redenschreiber für den damaligen Kanzler Willy Brandt gewesen. Tatsächlich hatte Helmut Schmidt diesen 1974 als Kanzler abgelöst; Brandt blieb bis 1987 SPD-Vorsitzender. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen.