S.P.O.N. - Fragen Sie Frau Sibylle
Ruhig Blut, Brauner, es wird schon wieder gut
Eine gutaussehende junge Frau aus Kiew will uns was erzählen? Das geht natürlich nicht. Und Matussek? Hat wie jeder das Recht, sich zum Deppen zu machen. Vielleicht einfach mal ruhig bleiben, dann ist auch dieser absurde Gutmenschenmist hier bald hinfällig.
Nach dem Aufenthalt der diplomierten Psychologin, Politikerin, in der Ukraine geborenen, mehrsprachigen und erst 26-jährigen Marina Weisband in Kiew und ihren Berichten darüber überkam den gemeinen Internetnutzer, Twitter-User und SPIEGEL-ONLINE-Foristen mal wieder das bange Elend. Der Kommentar eines natürlich anonymen Menschen, der sich EGAL nennt, fasst den Großteil der Lesermeinungen recht gut zusammen:
Schnuckelig egal, 20.2., 06:40 Uhr Sieht sie ja aus, aber ich denke, die Rolle die sie hier zu spielen gedenkt, ist ihr 4 Nummern zu groß.
Ich sehe in dem zugehörigen Interview mit Frau Weisband kaum Anhaltspunkte, die irgendeine Empörung rechtfertigen. Außer einigen offensichtlichen Systemfehlern. Frau Weisband ist jung, sieht gut aus (das erwähne ich nur, weil es einigen Kommentatoren sehr wichtig zu sein scheint), ist clever und unerschrocken. Das kann einen schon mal an den Rand der Verzweiflung treiben als behaglich zu Hause sitzender Leser. Vielleicht handelt es sich auch um Leserinnen; aufmerksame Konsumenten meiner Aufsätze hier wissen, dass ich fernab jeder Form von geschlechtsbezogener Diskriminierung agiere (kleiner Scherz, schmunzel, schenkelklopf, Sie verstehen, was ich meine).
Ich habe den bösen, unbestätigten, undifferenzierten Verdacht, dass nicht sein kann, was nicht sein darf. Also eine Frau, aus Kiew? Und die will uns was erzählen? Aber vielleicht irre ich mich. Schwamm drüber, lassen Sie uns nicht streiten. Sie haben alle recht. Wie auch Matthias Matussek, der letzte Woche einen Artikel veröffentlichen durfte, den er mit der Zeile "Ich bin wohl homophob und das ist auch gut so" überschrieb. Der Rest war auch nicht besser.
Es wird alles gut
Dagegen ist auch nichts einzuwenden, jeder hat das Recht, sich zum Deppen zu machen, so gut er es eben kann. Nur möchte man ihm und allen wütenden Menschen wieder einmal auf die Schulter klopfen und flüstern: "Ruhig Blut, Brauner, es wird schon alles wieder gut." Die Welt verändert sich, die Religion verliert nach zu langer Zeit endlich an Wichtigkeit.
Irgendwann wird der Satz "Alle Menschen sind gleich" gelebt werden. Aber dann bist du nicht mehr auf der Welt, ich nicht, wir alle nicht. Solange können wir uns damit aufhalten zu hassen, auf unseren kleinen Standpunkten zu beharren, Recht und Ordnung einzufordern. Was für einige immer noch bedeutet: Eine Frau kann uns nichts über die Welt beibringen, Homosexualität ist ein Fehler der Natur.
Auch dieser absurde Gutmenschenmist, den ich immer verzapfe, wenn ich von einer perfekten Welt träume, ist dann vollkommen egal und vergessen. Es wird alles gut, wir werden sterben, keine Spuren hinterlassen. Ich nicht, ihr aber auch nicht, und irgendwann wird dieses wütende Gezeter ein Ende haben. Damit verabschiede ich alle optimistisch in eine neue, wundervolle Woche.
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Foto: SPIEGEL ONLINE