
Frauen und Sex: Die Mär vom unbefriedigten Weibchen
S.P.O.N. - Fragen Sie Frau Sibylle Wir frustrierten Kühe
Wir wollen heute über Sex reden. Also Sie vielleicht nicht. Ich will. Und zwar über die irrige Annahme, dass die sexuelle Unbefriedigung bei Frauen Hysterie, Wahn oder Bösartigkeit hervorruft. Dann wären ja alle Frauen bösartig.
Kleiner Scherz.
In kurzen Abständen las ich unter Artikeln über Frauen von weiblichen und männlichen Kommentatoren folgende Worte im Zusammenhang mit der Delinquentin: frigide Alte, noch so eine unbefriedigte, frustrierte Kuh, die Alte muss mal richtig gepoppt werden, aber wer soll das tun, nicht mal im Dunkeln würde ich die...
Ich legte müde den Computer aus den Händen und dachte: Träumt mal weiter. Es wäre vielleicht schön, wenn alle unangenehmen Frauen durch die fleißige Wucht verschiedener Penisse zu guten, ausgeglichenen Menschen würden. Aber so einfach ist es nicht.
Die Legende von der bekehrten Lesbe
Die meisten Frauen, die ich kenne und jene, von denen ich lese - sie halten sich in allen Altersgruppen auf - wollen es nicht besorgt kriegen. Liebe ja, Sex - ok - aber besorgen? Nein. Sie sind vielleicht bescheuert, nervig, gereizt oder müde, aber dass schlechte Laune aufgrund einer sexuellen Unterversorgung besteht, habe ich noch von keiner gehört. Ein properes Glied und viel Ausdauer sind den meisten Frauen egal, sie stehen oft genauso ratlos da nach dem sexuellen Geschehen wie unsere Großmütter und deren Großmütter. Und raunen: Habt ihr immer noch nicht begriffen, dass man da - innerer Pfeil zu den Geschlechtsteilen - reiben muss?
Wie die meisten Menschen wollen auch die Frauen nicht allein sein, sie wollen einen Freund oder eine Freundin, die mit ihnen gegen die Welt steht, und sie wollen Sex. Aber besorgt bekommen - das ist doch eine etwas einfältige Idee. Der Umstand, dass die meisten Frauen ein gutes Buch oder Schokolade einem Geschlechtsverkehr vorziehen, sagt ja auch klar: Die Legende von der sexuell unbefriedigten Frau ist so albern wie die Sage von der lesbischen Frau, die durch einen rechtschaffenen (dieses Wort wollte ich schon immer mal verwenden) Penis wieder auf den einzig richtigen Pfad - den der Heterosexualität - geführt würde.
Die erschütternde Nachricht des Tages ist: Den wenigsten Frauen, falls sie nicht gerade 16 Liter Rum intus haben, bringt es Erleichterung, ein Glied in sich gestopft zu bekommen, das erklärt auch das Schokoladenresultat. Geile Schlampen gibt es fast nur in der Fantasie oder in der Pornobranche, aber unter uns - da wird ganz schön viel gelogen.
Dass Frauen auch gerne abfällig ihre Geschlechtsgenossinnen als unbefriedigte Kühe bezeichnen, spricht für meine vor Jahren erarbeitete These, die ich in meinem Meisterwerk "Der Verstand der Menschen, ein Dunkel ohne Licht" hinreichend erörtert habe.
Die schlechte Nachricht also: Der gemeine Penis wird die Welt nicht retten. Die gute: Mit ein wenig Zurückhaltung in der Äußerung von dünnen Gedanken kann man die Welt nicht zu einem besseren Ort machen, aber zu einem, wo einfach nicht so viel Stuss geredet wird.
