
Prognose für 2017 Keine Wunder, aber Hoffnung

Das geht doch nicht mit rechten Dingen zu. Erst fällt mein Text auf den 24. Dezember und nun: der letzte Tag des Jahres. Silvester, von dem sich viele erhoffen, dass ein Wunder passiert, eine große Reinigungsmaschine über die Welt saust und ab morgen alles anders wird, und anders meint natürlich: besser. Der Tag, an dem der Wahnsinn der Jahresrückblicke zu einem entfesselten Höhepunkt gelangt. Darum heute: eine Vorschau.
Nächstes Jahr wird alles besser. Die Parteiangehörigen in Europa, die irgendwann für jene eintraten, die keine Überflieger sind, die aus Versehen keine Börsenmillionäre oder Bauunternehmer oder IT-Experten sind, haben sich darauf besonnen, was ihr Job ist: die Menschen vertreten, von denen sie gewählt und bezahlt werden.
Es wurde eine Weltregierung gebildet, die global funktioniert, und die aus Wissenschaftlern besteht, die wissen, dass alles zusammenhängt, das Klima mit den Kriegen, die Bildung mit dem Daesh, große Firmen mit dem Versiegen von Trinkwasser und unkontrollierte Flüchtlingsströme mit dem Erstarken von Populisten. Also mit Schreihälsen, die keinen Plan haben, aber die Unzufriedenheit der Menschen in prima Parolen verpacken.
Ein Zurück in alte Zeiten gibt es nicht
Die Bewohner der Welt haben verstanden, dass es nicht langt zu schreien, dass alles anders werden soll, wenn keine minimale Idee vorhanden ist, wie das ANDERS aussehen soll. Ein Zurück in alte Zeiten gibt es nicht. Die Frau in der Küche, Homosexuelle in den Untergrund und der Mann als Ernährer der Familie - das funktioniert nicht mehr in einer Zeit, in der der Kapitalismus die Effizienz von Robotern entdeckt hat.
So, was ist der Plan noch mal, werte Frau Le Pen, lieber Herr Farage, verehrter Herr Putin? Haben Sie je von einem bedingungslosen Grundeinkommen geredet, von einem sozialen Fortschritt für alle, von Investitionen in Bildung, die unablässig ist, wenn Menschen nicht mehr an Arbeit, Wohlstand, Sparen und kleine Häuser, die sie irgendwann bewohnen, glauben können. Einfach weil es keine Arbeit und keinen Platz für kleine Häuser mehr gibt, bei zehn Milliarden, die bald die Erde bevölkern?
Haben die, die laut brüllen, eine Idee, wie sie mit den Problemen unseres Jahrhunderts umgehen werden? Mit Cyberkriminalität, zu vielen Menschen, verschwindenden Rohstoffen, verrücktem Klima und Atommüll, mit überbelegten Krankenhäusern und mit der Ausrottung von immer mehr Tierarten und der Alleinherrschaft großer Unternehmen, die nie dafür bekannt waren, sich irrsinnig darum zu sorgen, wer ihren Mist eigentlich kaufen soll, wenn die Menschen kein Einkommen mehr haben.
Leute, die aufgrund eines Hirndefekts nur an Macht interessiert sind, ohne irgendeinen Ansatz zur Verbesserung der Lebensbedingungen aller zu haben, werden Sie immer am lauten Brüllen erkennen. An Verächtlichmachung und Abwerten von Randgruppen und Intellektuellen. Wissenschaftsfeindlichkeit ist ein Zeichen von Dummheit, Humorlosigkeit dito.
Aber zum Glück haben die Menschen das begriffen, und sie verstehen, dass es keine Diktatur der Dummheit braucht, und dass jede Lösung, die einfach klingt, Bullshit ist. Die Welt ist ein Organismus, und wenn er scheinbar krank ist, genügt es nicht, ein Organ zu entfernen, um ihn zu heilen.
Jeder, der Schuldzuweisungen in eifrigem Ton von sich gibt, ist ein Trickbetrüger. Das haben die Leute begriffen im neuen Jahr, sie haben es satt, sich und ihre Sorgen instrumentalisieren zu lassen, sie meiden Facebook und andere Plattformen, auf denen nur mit Ausrufezeichen kommuniziert wird, und lesen lieber optimistische Bücher . So wird das neue Jahr: kompliziert, aber nicht hoffnungslos.