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"Barbie Dreamhouse" in Berlin: Die Geile-Elsen-Schulung

Foto: Britta Pedersen/ dpa

S.P.O.N. - Helden der Gegenwart Pornoschaufeln für Deutschland

Wie backe ich leckere Cupcakes? Wie stolziere ich sexy über einen Laufsteg? Und wie setze ich meinen rattenscharfen Magerkörper richtig in Szene? Auch Mädchen können ja nie früh genug anfangen, die wichtigen Dinge des Lebens zu lernen. Dabei hilft ihnen eine neue Bildungsanstalt in Berlin.

Die Welt, Herr Rahofer, ist voller Loser-Typen. Gelaber, Gelaber, wann immer man die Öhrchen spitzt. Sie aber, Herr Rahofer sind keine Labertasche, Sie lassen Worten Taten folgen und bauen Frauen einen Palast. Andere Männer schaffen vielleicht ein Reihenhaus in Rudow, Ihnen aber ist Berlin-Mitte gerade gut genug für die 2500 Quadratmeter große Villa, die uns Frauen alles bietet, was wir uns nur erträumen können.

Entsprechend heißt Ihr Haus auch nicht "Villa Esther" oder "Haus Heimat", sondern "Dreamhouse". "Barbies Dreamhouse" um genau zu sein, schließlich haben Sie dem Spielhaus von Barbie getreu die Hütte aufgebaut. Und weil hier Träume wahr werden, ist es bei Ihnen nicht mit einem Geschirrspüler und einer Joghurtmaschine getan - Hauptattraktionen sind eine Cupcake-Küche, ein begehbarer Kleiderschrank, ein enormer Schuhschrank und - der Weiber größter Wunsch - ein Laufsteg. Alles in feinsten Pink- und Rosatönen gehalten, damit man gar nicht mehr weiß, wo die Zuckerwatte aufhört und das Leben anfängt.

Aber was wären Sie für ein Mann, wenn mit Ihnen nicht auch die Enttäuschung an die Tür klopfte: Sie haben das Haus gar nicht für Erwachsene errichtet, sondern für Mädchen. Die sollen dort träumen lernen von einem Leben zwischen Kosmetik, Ken und Cupcake-Küche. Gerade so, wie Barbie es lebt. Um in Barbie, ähnlich wie in Heidi Klum, ein Vorbild zu finden, das die jungen Dinger in ein Leben einführt, in dem sich alles einzig und allein um die Frage dreht: "Sehe ich gut aus?" und in der der Körper zur Währung wird.

Rattenscharfer Phantasiekörper

Dabei ist die moderne Barbie alles andere als passiv. Hat sie früher stundenlang herumgesessen und beim Warten auf Ken Löcher in die Luft gestarrt, die Ken mit Charme, Aftershave und Pheromonen füllen musste, hat Barbie heute Besseres zu tun: Wie ein Meerwasseraquarium, das unablässig mit frischem Wasser versorgt werden muss, ist sie damit beschäftigt, den Zustrom neuer Textilien in ihren begehbaren Kleiderschrank zu sichern. 24 weiße Blusen, 19 rote Kleider, 120 Paar Peeptoes - die Erkenntnis, dass es nie reicht, hält Barbie beschäftigt. Immer gibt es noch etwas, das sie nicht hat, weswegen sie leider immer noch nicht perfekt ist. Weshalb sie ständig in den Beauty Parlour rennt, schließlich könnte am Bein eines dieser widerlichen Haare nachgewachsen sein. Oder schlimmer noch: in der Scham.

Nicht viele Frauen haben die Möglichkeit, ihr Leben so zu gestalten. Sylvie van der Vaart vielleicht. Oder Tamara Ecclestone. Umso toller ist es, dass Sie, Herr Rahofer, nun schon Kindern die Gelegenheit geben, den süßen Most des Puppendaseins zu kosten. Denn wo soll der Anreiz herkommen, alle Energie aufs Äußere zu richten, unablässig an Perfektion zu arbeiten, wenn nicht bereits in Kindertagen die Grundlagen gelegt werden?

Dass Barbie mit ihrem rattenscharfen Phantasiekörper, wäre sie eine reale Person, vom Hungertod bedroht wäre, schlecht Luft bekäme, höchstwahrscheinlich unfruchtbar wäre und unter Osteoporose litte, weil ihr anormaler Körper nicht genügend Hormone produzieren könnte, dass sie vermutlich zu Bandscheibenvorfällen und Arthrose neigen würde, kann einem Kind egal sein, die Probleme kommen ja erst später. Wichtig ist doch nur, dass die Mädchen früh lernen, eine richtige Frau zu sein.

Pornoschaufel-Nachwuchs

Das "Barbie Dreamhouse" vermittle ein unrealistisches und verkitschtes Rollenbild sagen seine Kritiker, die ihr Kommen zur Eröffnung am 16. Mai in Berlin angekündigt haben. Spaßbremsen und Spielverderber, ganz klar. Aber ich frage Sie, Herr Rahofer, wie viele Männer, die eben nicht ein richtiger Mann sind wie Sie, ließen sich nicht doch von solchen Worten einschüchtern? Sie aber, Herr Rahofer, lassen sich von Ihrem Barbie-Traum nicht abbringen. Sie bauen Ihr Haus! Und zwar so, dass Sie es auch noch in anderen Städten aufstellen können. Sie, Vater von zwei Töchtern, halten die Kritik für "total unnötig".

Dass sich in Deutschland laut einer Studie der Universität Bielefeld im Auftrag der Weltgesundheitsorganisation WHO (2012) jedes zweite 15-jährige Mädchen zu dick fühlt, 16 Prozent aller Elfjährigen bereits eine Diät hinter sich haben und jede Vierte im Alter von 11 bis 17 Jahren das Geschenk einer Schönheits-OP annähme (Dr.-Sommer-Studie, 2009) und bereits Achtjährige wegen Magersucht in eine Klinik müssen, das liegt ja nicht in der Verantwortung einer Plastikpuppe oder in der von Heidi Klum.

Kindergesundheit, selbstbewusste, mit sich zufriedene Menschen - das alles kann Ihnen egal sein, Sie machen schließlich kein edukatives Angebot, wie Sie sagen. Es geht wohl nur darum, früh Weichen zu stellen. Schließlich muss es auch in 20 Jahren noch Frauen geben, die Männern gefallen wollen. Es kann doch nicht sein, dass alle Kanzlerin im Sacksakko sein wollen. Irgendwo müssen die geilen Elsen doch herkommen, mit Cupcakes im Hirn und Pornoschaufeln an den Fingern.

12 Euro kostet die "Dreamhouse Experience" für Kinder ab drei Jahren, ein ziemliches Sümmchen für eine Marketingveranstaltung mit dem Ziel, noch mehr "Barbie" zu verkaufen. Plus Kosten für die Zusatztickets "Model" und "Popstar". Aber das sind Investitionen, die sich lohnen. Schließlich sollen die Weiber mal einen Kerl abkriegen, der in der Lage ist, ihnen eine geile Hütte hinzustellen und nicht so ein peinliches Reihenhaus in Rudow.

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