Skandal um Heinze-Manuskripte Drehbuchautoren streiten NDR-Vorwürfe ab

Klare Worte vom Verband Deutscher Drehbuchautoren an den NDR: Man habe nicht gewusst, dass die Fernsehfilmchefin Doris Heinze ihre Drehbücher und die ihres Mannes unter Pseudonymen eingekauft hatte. Der NDR beklagt: Aus moralischer Sicht hätte man den Verdacht dennoch offenlegen müssen.
Undercover-Drehbuchautorin Doris Heinze: "Niemand wollte es sich mit ihr verscherzen"

Undercover-Drehbuchautorin Doris Heinze: "Niemand wollte es sich mit ihr verscherzen"

Foto: A2902 Achim Scheidemann/ dpa

Der Verband Deutscher Drehbuchautoren (VDD) wehrt sich gegen den Vorwurf des Norddeutschen Rundfunks (NDR), über die verdeckten Tätigkeiten von deren ehemaliger Fernsehfilmchefin Doris Heinze definitiv Bescheid gewusst zu haben. Der VDD hat am Dienstag klargestellt, dass es zwar "vermehrende Zeichen" für die Vetternwirtschaft der inzwischen entlassenen Heinze gegeben habe, dies allerdings keine "justitiablen Beweise" waren.

NDR-Pressesprecher Martin Gartzke hatte dem Verband am Montag vorgeworfen, Wissen zurückzuhalten und das Selbstverständnis der Drehbuchautoren in Frage gestellt. Der Auseinandersetzung war eine Äußerung des VDD-Vorstandsmitglieds und Drehbuchautoren Pim Richter im SPIEGEL vorausgegangen, wonach der Verband schon fast drei Jahre lang Hinweise darauf hatte, dass Doris Heinze verdeckt Drehbücher ihres Ehemannes einkaufte. "Niemand wollte es sich aber mit einer so mächtigen Institution wie Doris Heinze verscherzen", hatte Richter gesagt.

Der VDD hingegen betonte nun, bei dem, was Richter als Hinweise bezeichnet hatte, habe es sich um Gerüchte gehandelt, die den meisten in der Branche bekannt gewesen seien. "Mehr nicht", heißt es in der Mitteilung des VDD-Vorstandes. "Im Sender selbst haben alle Kontrollmechanismen versagt. Denn dem Sender sind diese Gerüchte bekannt wie uns." Eine entsprechende Kampagne, die den "Machtmissbrauch in den öffentlich-rechtlichen Sendern" anprangerte, sei vor einigen Jahren im Sande verlaufen.

NDR-Sprecher Gartzke sagte auf Anfrage von SPIEGEL ONLINE, er könne die Rechtfertigung des Verbandes nicht nachvollziehen. Auch wenn es keine rechtliche Berichtspflicht gebe, so doch zumindest eine "moralische". In einer E-Mail an VDD-Geschäftsführerin Katharina Uppenbrink, die SPIEGEL ONLINE vorliegt, schreibt er: "Auch wenn diese Hinweise nicht justitiabel waren: Wäre es nicht fair gewesen, den NDR davon informell in Kenntnis zu setzen?" Gleichzeitig wies er den Vorwurf zurück, das Kontrollsystem seiner Sendeanstalt habe versagt. "Wir haben es vielmehr mit einem Fall zu tun, bei dem die senderinternen Kontrollen durch gezielte Täuschung und mit sehr viel Energie ausgehebelt worden sind."

Der VDD kritisierte in seiner Stellungnahme vom Dienstag außerdem ein "System der unkontrollierten Machtfülle der leitenden Redakteure in der ARD". Dieses System habe eine ganze Branche - Autoren, Regisseure, Schauspieler, Produzenten - in die Abhängigkeit von Redakteuren gezwungen. Diese könnten häufig willkürlich darüber entscheiden, "wer was schreibt, wer inszeniert, wer spielt und wer produziert".

"Das ganze System, das über lange Zeit praktiziert wurde, hat Unterwerfung und Phantasielosigkeit produziert. Der Fall Heinze ist nur die Konsequenz aus diesem Selbstverständnis." Der VDD äußerte die Hoffnung, dass angesichts der Affäre Heinze, die er als "Super-GAU des öffentlich-rechtlichen Fernsehens" bezeichnete, eine Diskussion über dieses System entsteht.

Heinze hatte vergangene Woche eingeräumt, für den NDR Drehbücher ihres Mannes unter dessen Pseudonym Niklas Becker angenommen und verfilmt zu haben, ohne dem Sender mitzuteilen, dass ihr Ehemann beteiligt ist. Außerdem wirft ihr der Norddeutsche Rundfunk vor, selbst Drehbücher unter Pseudonym geschrieben und dem NDR verkauft zu haben - damit hätte sie mehr Honorar eingestrichen, als wenn sie die Werke unter ihrem eigenen Namen angeboten hätte. Diesen Vorwurf weist sie jedoch zurück.

can/dpa
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