
Die SWPA-Finalisten: Amputierte, Abergläubige, Atom-Horror
Sony-Fotopreis Die ganze Welt im Auge
Hamburg/ London - Geisterhafte Hochhäuser und finstere Städte dominieren die Bilderserie "Urban Darkness", die in der Dunkelheit entstanden ist - und auch genau davon handelt. Oder eher: vom Fehlen des Lichts. "Mir ist aufgefallen, dass in unseren Städten viele Gebäude, die früher nachts hell erleuchtet waren, heute stockdunkel sind", sagt Christof Plümacher. Der Fotograf deutet den sparsamen Umgang mit Strom als Folge der Energiewende, eines der wichtigsten Themen der jüngsten Zeit. Plümachers tiefschwarze Bauten stehen so symbolisch für diesen gesellschaftlichen und politischen Bewusstseinswandel.
Der Essener ist mit seiner Arbeit einer von drei Finalisten in der Kategorie Architektur bei den Sony World Photography Awards 2013 . Viele der für den Preis nominierten Fotografen haben sich an dem Wettbewerb mit Motiven beteiligt, die zentrale Ereignisse und Entwicklungen des Jahres 2012 aufgreifen: Bilder von den Nachwirkungen der Atomkatastrophe von Fukushima sind dabei oder auch Porträts von jungen Menschen, die das von Anders Breivik verübte Massaker auf der norwegischen Insel Utøya zwar überlebten, dabei aber körperlich versehrt wurden - und nun lernen müssen, damit zu leben. Es sind aber auch leichtere Stoffe vertreten, wie etwa die Serie "Felix Baumgartner: Faster than the Speed of Sound" über den österreichischen Extremsportler.
Über 122.000 Bilder aus 170 Ländern wurden für den begehrten Fotocontest eingereicht - mehr als je zuvor. "Drei besonders anregende Tage, an denen wir viele lebendige und leidenschaftliche Diskussionen geführt haben" - so beschreibt Catherine Chermayeff von der renommierten Fotoagentur Magnum den Auswahlprozess, den sie als Vorsitzende der Ehrenjury leitete. Seit Dienstag stehen nun die 43 Finalisten der insgesamt 15 Profi-Kategorien fest.

Plümacher ist bereits zum dritten Mal für den renommierten Award nominiert. "Ich halte den Wettbewerb für eine sehr gute Plattform, um Kunst der Öffentlichkeit zugänglich zu machen", sagt der 50-jährige. Vor sechs Jahren schmiss Plümacher seinen Job als Werbeproduzent hin, um sich ausschließlich der Kunstfotografie zu widmen. "Kunst ist extrem idealistisch - ich suche meine Impulse eher auf Reisen als im Vergleich mit anderen", sagt er.
Die Idee für seine Serie "Urban Darkness" sei ihm zufällig bei einem Besuch in Düsseldorf gekommen. Fünf Monate lang arbeitete Plümacher dann an seiner Studie - und noch immer betrachtet er sie als unvollendet. "Es gibt noch viele Gebäude, die ich bei Nacht fotografieren möchte, denn die Dunkelheit der Hochhäuser kann ein ganzes Stadtbild verändern", sagt er. Seine Serie vom Fehlen des Lichts verleiht dem populären Fotothema Architektur einen weniger technischen, fast schon emotionalen Anstrich.
Als zweiter Deutscher ins Finale geschafft hat es Johannes Heuckeroth. Das Projekt "Dubai Aerials" entstand ursprünglich für seine Bachelorarbeit "Dreaming Dubai" , mit der er sein Studium an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule in Nürnberg abgeschlossen hat. "Mich fasziniert diese Stadt und ihre Zwiespältigkeit", so der 28-jährige Designer und Fotograf. "Dort werden Türme und Hochhäuser aus der Wüste gewuchtet - mit kaum einem Gedanken an Nachhaltigkeit." Der Kontrast zwischen leerstehenden Baustellen und luxuriösen Swimmingpool-Landschaften stehe für eine Welt, die zwischen Wahn und Wirklichkeit hin- und herwanke. In "Dubai Aerials" betrachtet Heuckeroth die Wüstenmetropole von oben: "Die Luftansicht ist die abstrakteste Weise, eine so surreale Stadt darzustellen", erklärt er. Die Aufnahmen sollen an Computer-Collagen erinnern und so den Eindruck des Unwirklichen unterstreichen.
Die Arbeiten aller Fotografen auf der Shortlist werden vom 26. April bis 12. Mai im Somerset House in London ausgestellt. Aus den Siegern der einzelnen Kategorien wird Ende April ein Hauptgewinner gewählt und mit dem L'Iris d'Or-Preis geehrt, der mit 25.000 Dollar dotiert ist.