Umstrittener Berliner Neubau Kartellamt erklärt Stadtschloss-Vertrag für ungültig
Hamburg/Berlin - Eines der umstrittensten und langwierigsten Bauvorhaben des Landes gerät abermals in Schwierigkeiten: Der Vertrag mit dem italienischen Architekten Franco Stella über den Bau des sogenannten Humboldt-Forums in Berlin ist möglicherweise ungültig. Das Bundeskartellamts habe den Vertrag am Freitag für nichtig erklärt, teilte das Bundesbauministerium mit.
Gefordert werde nun eine Wiederholung des Vergabeverfahrens ab Zeitpunkt der Preisgerichtsentscheidung. Ein Sprecher des Bundeskartellamt bestätigte auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE die Entscheidung seiner Behörde.
Der Sprecher des Bundesbauministeriums, Rainer Lingenthal, sagte, die Entscheidung der Vergabekammer des Bundeskartellamtes sei eine behördliche Entscheidung, "die noch nicht endgültig ist". Das Ministerium werde sofort die gerichtliche Überprüfung durch das Oberlandesgericht Düsseldorf in die Wege leiten.
Architekt Stella betonte in einer ersten Stellungnahme, er bedauere es außerordentlich, "dass sich die Realisierung des einstimmig von einer internationalen Jury in einem sehr transparent geführten Wettbewerbsverfahren ermittelten Entwurfes nunmehr verzögern könnte".
Ergänzend heißt es in einer Presseerklärung von Stellas Berliner Anwaltsbüro dazu, das Verfahren sei "von einem unterlegenen Wettbewerbsteilnehmer eingeleitet" worden und richte sich ausschließlich gegen die Bundesrepublik Deutschland. "Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens waren ausschließlich Verfahrensfragen - zu keinem Zeitpunkt stand der Wettbewerbsgewinner selbst oder die Qualität seines Entwurfes im Zentrum der juristischen Auseinandersetzung".
Das Ministerium geht allerdings davon aus, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf die "seit langem bewährte und nie in Frage gestellte Vergabepraxis des Bundes" bestätigen werde. In der Zwischenzeit werde zusammen mit dem Architekten Franco Stella daran weitergearbeitet, die Planung des Humboldt-Forums voranzutreiben, damit pünktlich mit dem Bau begonnen werden kann.
Auslöser der Entscheidung des Kartellamtes war eine Verfahrensstreitigkeit mit dem Berliner Architekten Hans Kollhoff. Der am Wettbewerb beteiligte Architekt hatte bei der dafür zuständigen Vergabekammer Bonn, die zum Kartellamt gehört, eine entsprechende Rüge, also einen Einspruch, gegen das Verfahren eingelegt. Nach Ansicht Kollhoffs war die Auftragsvergabe an den italienischen Architekten Franco Stella, der den Architektenwettbewerb für das rund eine halbe Milliarde Euro teure Projekt gewonnen und zwei weitere Büros mit einbezogen hat, nicht transparent gemacht worden und damit nicht ordnungsgemäß.
In einer Pressemitteilung äußerte sich Kollhoff zufrieden über die Entscheidung des Kartellamts. Das Bauministerium müsse nun prüfen, ob Stella überhaupt berechtigt gewesen sei, am Wettbewerb um den Bau des Humboldt-Forums teilzunehmen, da er eventuell die dafür vorgeschriebenen Mindestanforderungen nicht erfüllt haben könnte. Die teilnehmenden Büros mussten nachweisen, dass sie entweder drei Mitarbeiter fest angestellt haben oder einen Jahresumsatz von 300.000 Euro erzielt haben.
Es wäre "nur selbstverständlich", dass der Bund "mit den weiteren Preisträgern" verhandele, wenn Stella diesen Nachweis nicht erbringen könne, so Kollhoff in Anspielung auf seinen eigenen dritten Platz im Ideenwettbewerb - offenbar macht er sich Hoffnungen, den Siegerentwurf auf formaljuristischem Weg doch noch zu Fall bringen zu können.
Der Bau des Humboldt-Forums in der äußeren Form des ehemaligen Berliner Stadtschlosses nach den Entwürfen von Franco Stella soll 2010 beginnen. In das Gebäude werden die Sammlungen des Ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst, Sammlungen der Humboldt-Universität (HU) und Teile der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB) einziehen. Die Kosten sind auf 552 Millionen Euro festgelegt, worin 80 Millionen Euro für den Nachbau der barocken Stadtschloss-Fassade eingeschlossen sind.
Das teilweise kriegszerstörte Stadtschloss war 1950 auf Geheiß der damaligen DDR-Machthaber gesprengt worden. Später war an der Stelle der Palast der Republik errichtet worden.