Urheberrecht Autoren und Verleger warnen Bundesregierung
Frankfurt/Main - "Nur wenn der Staat diejenigen schützt, die vervielfältigungswürdige Inhalte schaffen, setzt er die nötigen Anreize dafür, dass solche Inhalte auch im digitalen Zeitalter noch entstehen können", heißt in dem Schreiben von Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Verband deutscher Schriftsteller (VS) und PEN-Schriftstellerzentrum Deutschland. Ihrer Einschätzung nach verlieren Autoren und Verlage durch die Novellierung jährlich rund 30 Millionen Euro an Vergütung. Dadurch sinke automatisch der Qualitätsstandard geistiger Produkte, sagte VS-Vorsitzender Imre Török heute und bezeichnete den Gesetzentwurf als "geistiges Armutszeugnis" für ein Land wie Deutschland.
Die Unterzeichner der "Frankfurter Mahnung" appellierten an die Bundesregierung, den vom Kabinett vorgelegten Entwurf nicht umzusetzen. Sie forderten "ein durchdachtes Konzept für eine sinnvolle Stärkung des Schutzes schöpferischer Leistungen im 21. Jahrhundert." Das Internet gelte mittlerweile schon als "urheberrechtsfreier Raum", kritisierte die Vizepräsidentin des deutschen P.E.N.-Zentrums, Sigrid Gauch. Der Staat müsse ein politisches Zeichen setzen und mehr Geld in die Wissensbereitstellung und -aufbereitung investieren.
Kreativität zähle zu den wertvollsten Rohstoffen Deutschlands und sei Garant für Erhalt und Mehrung kulturellen Reichtums, erklärte Török. "Ohne ausdrücklichen Schutz geistigen Eigentums sägen wir an dem Ast, auf dem wir sitzen."
Die drei Verbände verlangten insbesondere eine Abkehr von den Plänen, die Abgaben für Vervielfältigungsgeräte zu kürzen. Mit der Novellierung werde die sogenannte Gerätepauschale für das Kopieren geschützter Werke praktisch abgeschafft, hieß es. Die Folge sei eine "Enteignung der Urheber zu Gunsten der Geräteindustrie", sagte Török. Auf Kopiergeräte und -medien wird seit vielen Jahren eine pauschale Abgabe erhoben, die von den Verwertungsgesellschaften wie VG Wort oder GEMA an die Urheber verteilt wird.
Die Verbände betonten, dass es ihnen nicht um Einschränkungen bei Veröffentlichungen im Internet gehe. Forscher und Wissenschaftler müssten schnell auf aktuelle wissenschaftliche Arbeiten zugreifen können. Es gelte aber, einen "sinnvollen Kompromiss" zu finden, um den Respekt vor den geistig-schöpferischen Leistungen zu wahren.
Börsenvereins-Vorsteher Gottfried Honnefelder lehnte den vor allem aus den Universitäten geforderten "freien Zugang" (open access) zu wissenschaftlichen Werken ab. Jeder könne seine Werke kostenlos im Internet publizieren. Wenn ein Wissenschaftler seine Arbeiten aber über einen Verlag veröffentliche, müssten andere Gesetze gelten. Literatur, Wissenschaft und Kunst dürften sich beim Schutz des Urheberrechts nicht auseinander dividieren lassen, forderte Honnefelder.
Nach Ansicht der Verbände muss jeder Autor die Möglichkeit haben, sein Urheberrecht wahrzunehmen. "Jegliche Art politischer Zwang zum open access zu urheberrechtlich geschützten Werken ist eine gravierende Fehlsteuerung", heißt es in der "Frankfurter Mahnung".
hho/ddp/dpa/AP