Wahlkampf-Panne CSU wirbt für "Bundestagskanditaten"

Da hat sich doch glatt der Fehlerteufel eingeschlichen, auf den Wahlkampfplakaten im bayerischen Würzburg. Und hat aus einem der wenigen neuen CSU-Bundestagskandidaten, Paul Lehrieder, 45, einen "Bundestagskanditaten" gemacht.

Der Bayerische Rundfunk hält auf seiner Homepage für seine Zuschauer und Hörer einen ganz besonderen Service bereit: eine Dialekt-Bibliothek. "Von A wie Aafdouderer bis Z wie Zwutschgerl", heißt es dort. Zwischen "Bumskopf" (was übersetzt so viel bedeutet wie Schokokuss) und "Burzagägaler" (Purzelbaum), da müsste er seinen Platz haben, der "Bundestagskanditat". Hat er aber nicht. Anscheinend hat sich der sprachliche Vorstoß des Würzburger "Bundestagskanditaten" Paul Lehrieder bisher nicht im allgemeinen Sprachgebrauch Bayerns durchsetzen können.

Dabei war Lehrieders Kampagne ganz groß angelegt. 12.000 Plakate sollen es nach Informationen von SPIEGEL ONLINE gewesen sein, die CSU selbst spricht nur von rund 80 bis 100 falsch gedruckten - und aufgehängten - Exemplaren. Ein Fehler der Druckerei sei es gewesen: Dort habe sich das "t" fälschlicherweise eingeschlichen.

Aber wie konnten es die "Kanditaten"-Bilder dann noch an die bayerischen Plakatwände schaffen? Der Sündenbock ist - wie so oft - die SPD. "Im Grunde ist Schröder schuld", sagt CSU-Kandidat Lehrieder überzeugt. "Wir waren wegen der angesetzten Neuwahl arg unter Zeitdruck. Ich bin ein neuer Kandidat, und wir wollten mich den Wählern schon vor den Sommerferien bekannt machen. Deshalb sollten die Plakate in der letzten Juli-Woche hängen." Und ob als Kandidat oder "Kanditat", das spielte in der bayerischen Sommerhitze keine allzu große Rolle mehr. "Wir wollten die ersten sein, vor der SPD", sagt Lehrieder. Und so nahm man den kleinen Fehler in Kauf. Besser, Lehrieder wird als "Kanditat" bekannt, als gar nicht. Die Würzburger staunten nicht schlecht, als die Plakate am Morgen des 23. Juli plötzlich das Stadtbild zierten.

"Hoppla, so ein Mist", habe er gedacht, als er den Fehler bemerkt hat, sagt der Politiker. Aber die Menschen hätten auf die Plakate geachtet - egal, ob wegen seines Konterfeis oder des kleinen Fauxpas. "Wo Menschen arbeiten, da werden Fehler gemacht", kommentiert er das Missgeschick. Man werde aber selbstverständlich auch weiter mit der Druckerei zusammenarbeiten.

Die bayerische SPD scheint dem Wahlkampf allerdings nicht so gelassen entgegen zu sehen. Im Gegenteil. Statt die neuen Wahlkampfpannen der CDU/CSU für sich auszunutzen, zeigt man sich in Würzburg neidisch. "Die Gegenseite hat sogar unterstellt, dass wir den Fehler absichtlich eingebaut haben, um mehr Popularität zu bekommen" amüsiert sich Lehrieder. Das sei aber nicht der Fall gewesen, versichert der Politiker. Auch sei es nicht darum gegangen, in einem verborgenen Wortspiel seine "Tatkraft" herauszustellen, witzelt er weiter. Alles Humbug.

Und inzwischen sei ja sowieso Gras über die Sache gewachsen. Es habe sich bei den Plakaten eh nur um vorläufige Exemplare ohne das Datum der Wahl gehandelt, da der Bundespräsident zu dem Zeitpunkt, als der Druck in Auftrag gegeben worden sei, seine Entscheidung noch nicht verkündet habe. Inzwischen hat man die Plakate überklebt.

Aber Paul Lehrieders Kampfgeist ist geweckt: "Vielleicht haben wir ja auch im nächsten Plakat wieder was versteckt, wer weiß?", argwöhnt er. Um dann gleich ein entschiedenes: "Nee, Schmarrn!", nachzuschieben. Das heißt laut Dialekt-Wörterbuch Quatsch, Unsinn, Eierspeise.

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