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Nazi-Architektur auf Rügen: Trauriger Gigant

Foto: Jens Kalaene/ picture-alliance/ dpa

Investor in Prora "Walter Ulbricht" ist 2,75 Millionen Euro wert

Die Nazis wollten in Prora auf Rügen ein gigantisches Seebad errichten, zu DDR-Zeiten zog die Nationale Volksarmee ein, seit der Wiedervereinigung versuchen Investoren, mit der Anlage Geld zu verdienen. Jetzt bekommt auch das Ferienheim "Walter Ulbricht" einen neuen Besitzer. Nur was hat der vor?

Hamburg/Berlin - 26.000 Quadratmeter Nutzfläche in massivem Beton, dazu ein Grundstück von 21,6 Hektar: Das sind die beeindruckenden Daten des Block 1 des ehemaligen Kasernenkomplexes in Prora. Jetzt hat ein Investor die Mega-Immobilie auf Rügen für 2,75 Millionen Euro ersteigert. Deren früherer Name: Ferienheim "Walter Ulbricht".

Dabei war nur ein Mindestgebot von 798.000 Euro festgesetzt worden. Der Käufer aber, der sein Gebot für das denkmalgeschützte Objekt per Telefon abgab, schüchterte alle Mitbieter ein. Wie der Auktionator Mark Karhausen am Samstag in Berlin mitteilte, habe der Investor sich vor der Versteigerung gründlich über die Anlage informiert. "Er kennt alle Planungsunterlagen", betonte Karhausen. "Er wusste genau, was er kriegt." Laut rechtsgültigem Bebauungsplan können in den sechs Etagen des Komplexes unmittelbar am Ostseestrand Wohnungen und ein Hotel entstehen.

Das Bauwerk gehört zu einer der sperrigsten Immobilie, die je verkauft werden mussten: Der zwischen 1936 und 1939 errichtete "Koloss von Prora" sollte ursprünglich eine große "Kraft durch Freude"-Ferienanlage der Nationalsozialisten werden, zeitweise waren 9000 Arbeiter beim Bau der ursprünglich acht Blöcke im Einsatz. Der insgesamt 4,5 Kilometer lange Komplex ging als "Seebad der 20.000" allerdings nie in Betrieb. Nach Ende des Krieges wurde das Areal von der Nationalen Volksarmee genutzt.

Block 1 und 2 bald in neuem Glanz?

Nach der Wiedervereinigung wurde die Anlage in Mecklenburg-Vorpommern schließlich in Einzelteilen verkauft: Block 6 etwa ging - obwohl teilweise Ruine - 2004 für über 600.000 Euro an einen unbekannten Bieter, der bislang keine Nutzungsaktivitäten erkennen ließ. In einem Teilabschnitt von Block 5 wurde im Juni 2011 für 16,4 Millionen Euro eine Jugendherberge mit 96 Zimmern und rund 400 Betten eröffnet.

Die Blöcke 1 und 2 gingen 2006 vom Bund an den Immobilienhändler Ulrich Busch. Zusammen mit einem österreichischen Investor plante er für 100 Millionen Euro 400 altersgerechte Wohnungen und ein 400-Betten-Hotel. Doch während der Sohn des bekannten Sängers Ernst Busch an seinem Teil des Gemeinschaftsprojekts festhält, gingen seinem Geschäftspartner angesichts des Sanierungsumfangs offenbar die Mittel aus. Vor wenigen Monaten verkündete er, aus persönlichen Gründen auszusteigen.

Busch, der bereits ein Hotel im benachbarten Binz betreibt, plant inzwischen eine abgespeckte Variante: Zusammen mit einem Baukonsortium soll Block 2 mit 30 Millionen Euro aufgemöbelt werden. Nach jahrelangen Verzögerungen sollen die Bauarbeiten angeblich noch in diesem Frühjahr beginnen.

Und da sich der namentlich noch nicht bekannte Investor für Block 1 angeblich bei der Auktion so zielstrebig gezeigt hat, darf man darauf hoffen, dass die geschichtsträchtigen Betonklötze bald nebeneinander in neuem Glanz erstrahlen.

cbu/dpa/dapd
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