
Obama-Regierung gegen Fox News: Medienkrieg in Washington
Weißes Haus contra Fox News Krieg auf dem falschen Kanal
Wo erklärt man jemanden den Medienkrieg? Natürlich im Fernsehen.
Anita Dunn, Kommunikationschefin des Weißen Hauses, verkündete auf CNN: "Wir werden sie so behandeln, wie wir einen Gegner behandeln würden." Und weiter: "Sie haben Barack Obama und dem Weißen Haus den Krieg erklärt."
Sie - das ist Fox News, der Sender des Medienmoguls Rupert Murdoch.
Der angebliche Nachrichtenkanal sei nichts anderes als "die Rechercheabteilung" und "die Kommunikationsabteilung der republikanischen Partei", polterte Dunn. Es sei "wirklich kein News-Network", zumindest kein "legitimes".
Der kämpferische Auftritt ist anderthalb Wochen her, und seitdem eskaliert der schon lange schwelende Konflikt zwischen dem Weißen Haus und Fox News - denn der Sender ließ die Attacke natürlich nicht auf sich sitzen. Obamas Leute seien die größten "Heulsusen", mit denen er in seinen 30 Jahren in Washington zu tun gehabt habe, schimpfte Fox-News-Moderator Chris Wallace.
Für Anhänger der Demokraten sind Fox News und seine Starmoderatoren wie Bill O'Reilly seit jeher ein Feindbild. Man hasst sie und wird gehasst. Neu aber sind Ton und Stil der Kontroverse.
Das Weiße Haus verweigert Fox News nun Interviews. Der Nachrichtensender wiederum hat Obama zum Feind erhoben, samt eigenem Themenlogo: "The War On Fox News." Moderator Sean Hannity verbrachte am Dienstag eine ganze Stunde damit, Beispiele für den "Wahnsinn" und das "Scheitern" des "Teams Obama" aufzulisten. Gefolgt vom Hinweis: "Was Sie heute Abend gehört haben, ist nicht vom Weißen Haus abgesegnet."
Die Frau, die alles lostrat, ist indes im West Wing abgetaucht und lehnt nun weitere Äußerungen ab. Denn Fox News hat sich auf Anita Dunn eingeschossen.
Frau fürs Grobe
Dass Dunn, 51, eines Tages mitten in einer solchen Kontroverse landen würde, überrascht keinen, der ihre Karriere verfolgt hat. Seit Ende der achtziger Jahre zieht sie bei demokratischen Wahlkämpfen Strippen. Sie begann als Mitarbeiterin von Hamilton Jordan, dem legendären Strategen, der Jimmy Carter nach Washington brachte. Sie beriet den Ex-Astronauten und demokratischen Senator John Glenn bei dessen erfolgloser Bewerbung um die Nominierung zum Präsidentschaftskandidaten 1984. Später war sie Chefstrategin des Senators Bill Bradley, dessen Griff nach dem Weißen Haus 1999 ebenfalls misslang.
Als Co-Chefin der Top-Beraterfirma Squier Knapp Dunn war sie seither an etlichen Wahlkämpfen beteiligt. Etwa 2004 an der Senatswahl, bei der sie den Demokraten Blair Hull in Illinois beriet. Hull verlor schon in der Vorwahl - unter anderem, nachdem peinliche Details seiner Scheidung durchgesickert waren. Er machte Dunn später für das schlechte Krisenmanagement mitverantwortlich: "Sie hat die Frage nicht sehr gut gehandhabt", sagte er der "Washington Post" kürzlich.
Nutznießer des Skandals war ein unbekannter Landessenator. Der sicherte sich die demokratische Nominierung und schaffte es so in den Bundessenat.
Sein Name: Barack Obama.
Riskante Kampagne der Strippenzieherin
Zwei Jahre später stieß Dunn zu Obamas Team. Sie zog mit ihm in die Primary-Schlacht gegen Hillary Clinton und anschließend in den Wahlkampf gegen John McCain. Dunn entwickelte Obamas Erfolgsstrategie mit, in möglichst vielen Bundesstaaten zu kämpfen, statt sich auf ein paar wenige zu konzentrieren. Sie war es auch, die Obama aus den großen Sporthallen herausholte und lieber an Picknicktische setzte - was half, seine Schwäche bei Wählerinnen auszubügeln.
Ins Weiße Haus folgte sie Obama aber nur widerwillig. Sie hatte ihrem heute 13-jährigen Sohn versprochen, sich mehr um die Familie zu kümmern. Erst im Mai gab Dunn dem wiederholten Drängen des Präsidenten nach - allerdings nur befristet bis Ende des Jahres. Ihr Ehemann Robert Bauer ist Obamas Chefanwalt; zusammen bilden sie Washingtons neues "power couple" ("Newsweek").
Bisher war es Dunn gelungen, sich aus dem Rampenlicht fernzuhalten. Kandidaten seien wichtiger als Strategen, sagte sie stets. Als das TV-Magazin "60 Minutes" im November 2008 Obamas inneren Führungskreis porträtierte, zeigte es die Chefberater David Axelrod und Robert Gibbs, den Wahlkampfmanager David Plouffe - und Anita Dunn, die als "relative Newcomerin" vorgestellt wurde.
"Wir müssen aggressiver sein"
Von wegen. Dunn greift im West Wing hart durch, hält ihre Truppe an der kurzen Leine, überwacht alle Kontakte mit der Presse, organisiert präventive Gegenschläge. "Wir müssen aggressiver sein, statt uns nur zurückzulehnen", sagte sie "Time". Und von Anfang an schoss sie sich auf Fox News ein.
Dass das Weiße Haus gezielt einen Fernsehsender attackiert, irritiert sowohl die Politikszene als auch die Medienbranche - über die Gründe können selbst Insider nur spekulieren. Will die Regierung beim linken Flügel punkten? Will sie Fox News als Stimme der Republikaner definieren, im Vorlauf zum Kongresswahlkampf 2010? Will sie das rechte Protestgetöse um die Gesundheitsreform und den Afghanistan-Krieg aushebeln?
"Ob man Fox News mag oder nicht, wir alle in der Presse sollten besorgt sein, wenn die Regierung versucht, einen News-Sender für seine Haltung zu 'bestrafen'", schrieb TV-Kritiker David Zurawik in der "Baltimore Sun". Der langjährige Präsidentenberater David Gergen kritisierte: "Wenn das Weiße Haus persönliche Angriffe führt, hebt es die andere Seite auf seine Ebene." Seine Prognose: "Das wird die Quoten für Fox News nur hochtreiben."
In der Tat liegt Fox News längst weit vor den Konkurrenten MSNBC und CNN, und die Zuschauerzahlen sind in den vergangenen Wochen noch gestiegen.
"Wir werden in ihren Shows auftreten"
Schon seit dem Wahlkampf faucht der Sender gegen Obama, und in der Debatte um die Gesundheitsreform hatten sich die Attacken nochmals verschärft. So half Fox News letztlich mit, die turbulenten "Tea Parties" und chaotischen "Bürgerproteste" gegen die US-Regierung in diesem Sommer zu organisieren.
Jetzt ist Dunn das Ziel des Senders. Jeden Tag spielt Fox News einen wild aus dem Zusammenhang gerissenen Videoclip von ihr. In einem missglückten Versuch, ironisch zu sein, nennt sie als ihre "politischen Lieblingsphilosophen" Mao Zedong und Mutter Teresa.
"Weißt du, wer mein politischer Lieblingsphilosoph ist? Adolf Hitler!", ätzte Glenn Beck, der tränenselige Kampfprediger vom Dienst bei Fox News. Er hatte Obama auch schon mal als "Rassisten" beschimpft, woraufhin mehrere Unternehmen ihre Werbung in seiner Show stornierten. Dass das Mao-Zitat auf den republikanischen Strategen Lee Atwater zurückgeht, verschwieg Beck.
In den politischen Talkshows am vergangenen Wochenende wetterten Obamas Vertreter zwar weiter gegen Fox News - auf allen Sendern außer Fox News. Doch der Interviewboykott solle nicht ewig dauern, versicherte der Präsidenten-Topstratege Axelrod: "Wir werden in ihren Shows auftreten."