"Wetten, dass...?" mit Carla Bruni Herrenwitze ersetzen Humor
Um die 175. Sendung im März herum war viel von Ermüdung die Rede gewesen - bei Gottschalk und seinen Zuschauern. Jetzt, bei der ersten Sendung nach der Sommerpause, hat sich gezeigt, dass es nicht ausreicht, das Bühnenbild aufzupeppen. Ein Moderator, der eine Show als Herrenwitz auslegt, ist auf Dauer so ermüdend, wie eine Ehe in Missionarsstellung.
Glück fürs ZDF, dass sich die lang geführte Nachfolgefrage durch den Auftritt von Bully Herbig erledigt hat. Gottschalks letzter Stargast, der zusammen mit Franz-Xaver Kroetz kam, um seinen neuen Film vorzustellen, Pardon, Wettpate zu sein, hat in den letzten fünf Minuten jene Humor-und Unterhaltungsqualitäten bewiesen, die der große Blonde des Samstagabends seit langem durch Busenwitze wett zu machen versucht.
Dabei hatte alles viel versprechend angefangen. Gottschalk, das wusste man seit Wochen aus der Presse, würde Carla Bruni zu Gast haben. Jenes Ex-Model mit den vielen Liebhabern, das sich als Sängerin einen Namen machte und Anfang des Jahres den lustigen kleinen Franzosen geheiratet hat, der als Meister der fixen Taten und Grimassen versucht, Frankreich zu regieren. Sie in der Sendung zu haben, gilt als Scoop, denn seitdem Carla Bruni-Sarkozy als Première Dame des Stils gilt, wartet die deutsche Gazetten-Gesellschaft darauf, des Zauberwesens ansichtig zu werden.
Auch Karl Lagerfeld, die unterhaltsam blasierte Spöttelzunge, hatte zugesagt, genauso wie Atze Schröder, Sylvie van der Vaart und Salma Hayek, zwei Mönche und der 21-jährige Rennfahrer Sebastian Vettel. Gottschalk würde also das Niveau von plattem Witz mit und ohne sexuelle Anspielung aufrecht halten können.
Zunächst nutzte er die Plattform, die sich ihm in seiner fränkischen Heimat Nürnberg bot, für ein persönliches Anliegen. Ein reservierter Platz sei an diesem Abend leer geblieben, ließ der Moderator wissen. Für Günther Beckstein sei dieser gewesen, den Gottschalk persönlich kenne und der ein "sehr netter Mann" sei. "Der Günther", sagte der Moderator in fränkischer Mundart, tue ihm leid, denn "das hat er nicht verdient." Und als sei das nicht genug, empfahl er sich für dessen Nachfolge.
Da war das Auftreten der ersten Wettkandidatin geradezu eine Wohltat. Sie zeigte, dass man mit Bratwürsten auch Stricken kann, und hielt in jeder Hand etwas Fleischfarbenes, das schlichtweg wie ein Penis aussah, mit Hilfe dessen sie pinkfarbenes Garn zu Maschen formte.
Zu viel von allem
Eine Wohltat, die einer Reform zu verdanken ist: Statt der Stadtwette gibt es nun wieder eine Saalwette - in der Hoffnung damit näher an den Fernsehzuschauer zu rücken, für den das Spiel, bei der sich eine Stadt ins Zeug legte, häufig zu wenig Identifikationspotential bot.
Nah am Zuschauer waren die meisten Wetten. Das Repertoire reichte von einem Hund, der gefesselte Menschen befreite, über das Erraten von Autobahnen bis zu einem Flug per BMX-Rad über Hausdächer. Dass es zwischendurch dennoch langweilig wurde, liegt am Konzept. Ständig ist irgendwie von allem zu viel da: zu viele Gäste, zu viel Gerede, zu viel Zeit, die vergeht, ohne dass etwas geschieht. Und ein Moderator, dem einfach nicht mehr einfällt, als sein Programm auf "Bild"-Niveau zwischen Vorurteilen und sexuellen Anspielungen abzuspulen.
So muss sich eine Sylie van der Vaart erstmal begutachten lassen, bei verlorener Wette in ein Auto-Überschlagsimulator steigen, in dem sie Mühe hat, ihre Brüste vor dem Herausrutschen zu bewahren und Salma Hayek muss sich mit ihrer enormen Oberweite in ein Dirndl quetschen.
Der Spruch "Axel ist am Schwätzen - solange Salma sich nicht nach vorn beugt, ist ja alles gut" war da noch die harmlose Variante. Als Gottschalk angesichts ihres Dekolletees sagt, wie schön, dass heute noch gebohnert würde, muss König Karl zu Rettung des Niveaus einschreiten, das Ansinnen der Übersetzung unterbinden und den Moderator zurechtweisen.
Wie eine verklebte Biene Maja
Nah am Menschen ist wohl auch die Idee, die Ermittlung des Wettkönigs mit einem Fünf-Jahre-umsonst-Strom-Gewinn zu verknüpfen, für den Gottschalk das Anbieter-Logo etwa zwei Minuten in die öffentlich-rechtliche Kamera hielt, und das auch später noch auf der Großbildleinwand erschien. Auch Audi wird sich freuen, wird doch jede Folge ein Quattro mit tollen Eigenschaften in den Saal gefahren werden, der erst am Ende der gesamten Staffel gewonnen werden kann.
Wirklich unterhaltsam war die Show etwa, als ein 12-Jähriger "blind" Getränkekisten stapelte und hoch kletterte. Spannung ergriff den Zuschauer, als jemand Autobahnabschnitte zu erkennen versuchte: "Oha! ... Leitplankentyp A ... oha!" Heilloses Chaos herrschte im Vorwege einer Wette um einen Hund. Unschlagbar: Der krönende Abschluss, als Gottschalk die Größe besaß, seine Wettschuld einzulösen, indem er sich in einen riesigen Bottich Senf absenken ließ, um darin gänzlich unterzutauchen.
Schade nur, dass in diesem Moment der Ton ausfiel. Als er wieder da war, hing der Showmaster wie eine verklebte Biene Maja in der Luft und durfte zuhören, wie Bully Herbig ihn durch grandios spontane Komik um seinen Job brachte. Oder eben auch nicht, wir sind ja beim ZDF.
Tanzende Frauen als Lichtgestalten
Und sonst? Ach ja, da war ja noch Carla Bruni. Der lang erwartete Auftritt der Königin des Stils, der Aufmerkamkeitsgarant. Wie schön hätte der sein können!
Wie hätte man der Kosmopolitin einen adäquaten Rahmen geben können - ein Schlafzimmer, einen Papppalast, einen Globus. Aber nein, Carla Bruni-Sarkozy, Gattin Frankreichs und von Haus aus leichtfüßig singende Männerphantasie, muss von Rosen flankiert mit einem Stuhl auf einer Treppe sitzend, ihr Liedchen trällern. Tanzende Frauen als Lichtgestalten am Firmament - als hätte die Ikone, die bald als Wachsfigur glänzen wird, nicht schon genug Schund zu ertragen.
Aber auch die Sängerin weiß, wie man ein Publikum anheizt, lässt den Glamourfaktor zuhause und setzt sich ungeschminkt, in trister schwarzer Hose und Bluse auf Gottschalks Couch und bricht für die Politiker eine Lanze, die ununterbrochen für das Gemeinwohl arbeiten. Was sie sagt, bleibt so steif und starr wie ihr Gesicht. Kein Glam-Faktor weit und breit, kein Kennedy-Flair, keine Charme-Fanfare.
Und weil Gottschalk es nicht gelingt, der mittlerweile von PR-Beratern gut trainierten Präsidenten-Gattin ein wenig Lebendigkeit einzuhauchen, ist es König Karl, der der Situation Witz gibt.
Während Gottschalk in Altherrenmanier Sarkozy zu seiner Wahl gratulieren will, sagt Lagerfeld: "Aber Carla auch!"